ESPRESSO

Es ist nicht immer eine Leukämie…

 

Angemeldet ist ein 54-jähriger bisher gesunder Mann, der seit fünf Wochen über Fieber, Nachtschweiß mit Wäschewechsel, Hypotonie und eine Gewichtsabnahme von 10 kg in dieser Zeit berichtet. Weder eine antibiotische Behandlung noch ein Versuch mit Kortison hätten eine Linderung erbracht. Grund für die Vorstellung bei uns ist jetzt eine (neue) Trizytopenie mit einer Neutropenie von 210/µl, Hb 11,6 g/dl und Thrombozyten von 68.000/µl.

 

Unter der Verdachtsdiagnose auf das Vorliegen einer hämatologischen Neoplasie, z. B. einer akuten Leukämie führen wir umgehend eine Knochenmarkdiagnostik durch und informieren das zytologische Labor in der nahen Klinik.

 

Bereits kurze Zeit später ruft mich der Kollege aus der Klinik an und fragt nach der Reiseanamnese des Patienten…die hatte ich nicht erhoben, da bei der (vermeintlich hochgradigen…) Verdachtsdiagnose entbehrlich…

 

Der (begeisterte) Kollege kann die Diagnose schnell stellen: nicht „L“ wie „Leukämie“, auch nicht „L“ wie „Lymphom“, sondern „L“ wie Leishmaniose – das Knochenmark sei gepackt voll mit Amastigoten.

 

Zur Therapieeinleitung wird der Patient umgehend stationär aufgenommen, erholt sich rasch und ist mittlerweile wieder voll genesen und beschwerdefrei.

 

Erworben hatte der Patient sich diese Infektion wohl bei einem Urlaubs-Aufenthalt in Spanien oder Italien im vergangenen Jahr…

 

Autor: Dr. med. Henning Pelz, Onkologie Offenburg – Ambulantes Therapiezentrum für Hämatologie & Onkologie