Ambulante Spezial­fachärztliche
Versorgung –
neue Chancen

Was genau bedeutet ASV für meine Praxis und mein Team?

 

Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) – synonym: SGBV §116b-neu – wurde 2014 vom Gesetzgeber neu aufgelegt. In diesem neuen Versorgungsbereich können Patienten mit seltenen und bestimmten schweren Erkrankungen ambulant sowohl von niedergelassenen Fachärzten als auch von Krankenhausärzten behandelt werden. Dies soll das Behandlungsangebot für Menschen mit z. B. Tuberkulose, Marfan-Syndrom, Sarkoidose, Morbus Wilson aber eben auch bestimmten Tumorerkrankungen verbessern.

 

An onkologischen Erkrankungen wurde zu Beginn die sogenannte Tumorgruppe 1 „Gastrointestinale Tumore/Tumore der Bauchhöhle“ in die ASV aufgenommen, es folgten die TG 2: „Brustkrebs und gynäkologische Tumore“, TG 3: „Urologische Tumore“, TG 4: „Hauttumore“ und im Herbst 2020 die Tumorgruppe 5 „Tumore der Lunge und des Thorax“. Für 2021 ist die Aufnahme von Tumorerkrankungen des Gehirns und der peripheren Nerven, von HNO-Tumoren sowie von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen geplant.

 

Zur Teilnahme an der ASV muss ein interdisziplinäres Ärzteteam aus stationären und ambulanten Leistungserbringern gegründet sowie ein Kooperationsvertrag aller handelnden Personen und Institutionen geschlossen werden. Die Teamleitung muss ernannt sowie gemeinsame Diagnose-, Behandlungs- und Nachsorge-Standards vereinbart werden. Das neu formierte Team muss – abhängig von der Tumorentität – Mindestmengen an bisher behandelten Patienten als Ausdruck seiner Qualifikation nachweisen (für die TG 1 z. B. 230 Patienten mit gastrointestinalen Tumoren).

 

Der Antrag für eine Teilnahme an der ASV einer bestimmten Tumorgruppe wird beim zuständigen erweiterten Landesausschuss bezüglich der „qualitativen, sächlichen und organisatorischen Voraussetzungen“ zur ASV-Teilnahme geprüft.

 

Jedes ASV-Team besteht aus drei „Ebenen“: In der ersten „Ebene“ koordiniert die ASV-Teamleitung (= ein Mitglied des Kernteams) sämtliche Aktivitäten des Teams – hier laufen alle Fäden zusammen. Im Kernteam (zweite „Ebene“) sind die Fachärzte versammelt, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrung zur Behandlung der jeweiligen Erkrankung erforderlich sind. So sind dies in der TG 2 z. B. Onkologe, Gynäkologe mit Schwerpunkt medikamentöse Tumortherapie sowie Strahlentherapeut. Eine dritte Ebene bilden die jeweils nach Bedarf hinzuzuziehenden Fachärzte wie z. B. Radiologen, Humangenetiker, Kardiologen.

 

Das Kernteam trifft sich mindestens einmal pro Woche am Ort der Teamleitung zur gemeinsamen Koordination der entsprechenden Behandlungen. Jedes Team erhält von der ASV-Servicestelle eine einheitliche ASV-Teamnummer. Hierüber rechnet jeder Arzt seine ASV-Leistungen selbst ab – es ist somit keine Sammelabrechnung vorgesehen. Verordnungen und Formulare entsprechen denen aus der vertragsärztlichen Versorgung mit Ausnahme der Rezepte: Diese müssen für die ASV gesondert erstellt werden.

 

Patienten können nur dann in die ASV aufgenommen werden, wenn zum Zeitpunkt des Einschlusses eine gesicherte Diagnose vorliegt. Bei Tumorpatienten ist eine reine Verdachtsdiagnose nicht ausreichend. Nachdem initial eine weitere Voraussetzung zur ASV-Aufnahme das Erfordernis für eine „multimodale Behandlung“ oder eine „Kombinations-Chemotherapie“ war, ist derzeit (Stand 01/2021) nur für die TG 1-4 die „multimodale Therapie“ erforderlich, nicht jedoch für die TG 5.

 

Durch die Teilnahme an der ASV kann sicherlich auf lokaler Ebene die interdisziplinäre und sektorübergreifende Kooperation intensiviert und optimiert werden – zum Wohle aller unserer Patienten.

 

Ein weiterer Vorteil für alle Teilnehmenden ist die Vergütung zu festen Preisen und extrabudgetär ohne Mengenbegrenzung. Hierdurch wird der Mehraufwand für die ASV-Teilnahme aufgewogen. Zudem gelten bundesweit einheitliche ASV-Regeln.

 

Positiv für Patienten ist unter anderem die Verfügbarkeit von PET-CT-Untersuchungen z. B. für Patienten mit Ösophaguskarzinom (zur Detektion von Fernmetastasen), resektablen Lebermetastasen bei kolorektalem Karzinom, bei Ovarialkarzinom zur Detektion von Lymphknotenmetastasen oder einer Peritonealkarzinose, ebenso bei Seminomen (bei Resttumor >3 cm nach Chemotherapie) sowie die PSMA-PET bei PSA-Rezidiv eines Prostatakarzinoms im Rahmen der ASV.

 

Autor
Dr. med. Henning Pelz, Onkologie Offenburg – Ambulantes Therapiezentrum für Hämatologie & Onkologie

 

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