ADT plus EBRT nach
radikaler Prostatektomie
 

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ADT plus EBRT nach radikaler Prostatektomie – Welche Patienten mit Lymphknotenmetastasen profitieren am meisten?

 

Bisher fehlt eine Empfehlung, wie lymphknotenpositive PCa-Patienten nach radikaler Prostatektomie bestmöglich behandelt werden können. Eine amerikanische Arbeitsgruppe um Mohit Gupta, Baltimore, USA, prüfte in einer retrospektiven Vergleichsstudie, von welcher der drei gängigen Therapieoptionen – ADT alleine, ADT plus EBRT oder Beobachtung – dieses Patientenklientel in Bezug auf das Gesamtüberleben am meisten profitieren würde.

 

Summary

 

Aktuell gibt es keinen Konsens über die bestmögliche Behandlung von PCa-Patienten mit positiven Lymphknoten nach einer radikalen Prostatektomie. Ein Team um Mohit Gupta, Baltimore, USA, analysierte Daten der National Cancer Database von 8.074 Patienten, um das Gesamtüberleben (OS) von drei gängigen Therapieoptionen – ADT alleine, ADT plus EBRT und Beobachtung – miteinander zu vergleichen. Es zeigte sich, dass ADT plus EBRT das Gesamtüberleben jeweils im Vergleich zu den beiden anderen Strategien signifikant verbesserte. Eine multivariate Cox-Analyse zeigte, dass der OS-Benefit bestehen blieb, obwohl Patienten, die adjuvant ADT oder ADT plus EBRT erhielten, häufiger eine aggressivere und weiter fortgeschrittene Erkrankung hatten. Zwischen ADT alleine und Beobachtung wurden keine OS-Unterschiede beobachtet. Weitere Subgruppenanalysen zeigten, dass der OS-Vorteil von adjuvanter ADT plus EBRT besonders bei Patienten, mit einer oder mehreren ungünstigen pathologischen Tumor-Eigenschaften – Tumorstadium ≥pT3b, Gleason-Score ≥9, drei oder mehr positive Lymphknoten und positive Schnittränder beobachtet wird. Bei den Patienten ohne diese Hoch-Risiko-Merkmale (20,1-31,6%), wurde kein OS-Unterschied zwischen den drei Therapieoptionen festgestellt. Wie die Studienautoren abschließend empfehlen, sollte dieses Patientenklientel, welches hier knapp ein Drittel des Gesamtkollektivs ausmachte, zunächst postoperativ beobachtet werden, um die mit ADT und EBRT assoziierten unerwünschten Ereignisse zu vermeiden.

 

Details

 

Unklare Situation über bestmögliche Behandlung

 

Auch wenn die Inzidenz von lymphknotenpositiven Prostatakrebs-Patienten nach radikaler Prostatektomie (RP) aufgrund der früheren Entdeckung durch PSA-Screening zurückgegangen ist, wird befürchtet, dass in den kommenden Jahren die lymphknotenpositive Erkrankung nach der Operation zur klinischen Herausforderung werden könnte. Die Ursachen sind vielfältig: Seit Kurzem verlagert sich die RP auf Patienten mit einem lokalisierten Hoch-Risiko-Karzinom, während gleichzeitig das PSA-Screening infolge anhaltender Leitliniendebatten zurückgegangen ist. Hinzu kommt die fehlende Definition einer bestmöglichen Behandlung. Die Leitlinien empfehlen aufgrund des Mangels an prospektiven Daten ein breites Spektrum an Therapieoptionen. Hierzu zählen eine adjuvante Androgen-Deprivations-Therapie (ADT), eine Beobachtungsstrategie mit Behandlung ausschließlich nach einem biochemischen Rezidiv sowie eine Kombinationstherapie bestehend aus einer adjuvanten ADT und einer externen Strahlentherapie (engl. external beam radiation therapy, EBRT). Unklar ist außerdem, ob eine dieser drei Optionen einen anhaltenden onkologischen Vorteil gegenüber der anderen hat, zu welchem Zeitpunkt mit der ADT idealerweise begonnen werden und wie lange diese dauern sollte.

 

Vergleichsanalyse von drei gängigen Therapiemethoden

 

Ein US-amerikanisches Team um Mohit Gupta, Baltimore, führte eine Vergleichsanalyse von drei gängigen Therapieoptionen für lymphknotenpositive PCa-Patienten (pN1) nach einer radikalen Prostatektomie durch: Beobachtung, ADT und ADT plus externe Strahlentherapie. Als primärer Endpunkt wurde das Gesamtüberleben (OS) definiert. Weiterhin analysierte die Arbeitsgruppe die OS-Prädiktoren und bewertete in Subgruppenanalysen, ob diese klinischen und pathologischen Faktoren sowie die Zeit bis zum Beginn der adjuvanten Therapie mit einem verbesserten OS assoziiert sind.

 

Ergebnisse

 

Das Patientenkollektiv

 

Auf Basis der National Cancer Database (2004-2013) identifizierte die Arbeitsgruppe 8.074 PCa-Patienten mit positiven Lymphknoten nach RP. Die meisten wurden nach der Operation (n=4.489) beobachtet (55,6%), 2.065 erhielten adjuvant eine ADT (25,6%) und 1.520 adjuvant eine ADT plus EBRT (18,8%). Das mediane Follow-up betrug 52,3 Monate, das mediane Alter der Patienten 62 Jahre. Die TNM-Klassifikation ergab bei einem Großteil der Männer ein Tumorstadium T3 (n=6.272; 77,7%) und einen Gleason-Score von 8-10 (n=4.222; 53,3%). Positive Schnittränder wurden bei knapp jedem Zweiten identifiziert (n=3.847; 47,7%). Was die Anzahl der Lymphknoten betrifft, wiesen 62,7% einen positiven und 17,6% zwei positive Lymphknoten auf. Bei 18,0% wurden drei oder mehrere positive Lymphknoten diagnostiziert und bei 1,7% war die Anzahl der positiven Lymphknoten nicht feststellbar.

 

Das Team fand folgende Unterschiede hinsichtlich Patienten- und Krankheits-Charakteristika zwischen den einzelnen Behandlungsgruppen, die bei der Interpretation der Ergebnisse beachtet werden sollten. Patienten, die beobachtet wurden, waren älter als diejenigen unter ADT oder ADT plus EBRT (p<0,001). Patienten, die adjuvante Therapien erhielten, wiesen einen weiter fortgeschrittenen und aggressiveren Tumor gegenüber denjenigen unter Beobachtung auf (p <0,001) und hatten zudem häufiger einen Residualtumor (ADT plus EBRT: 64,4%, ADT: 54,6%, Beobachtung: 39,7%; p<0,001) sowie eine größere Lymphknotenlast (p<0,001).

 

Verlängertes OS unter ADT plus EBRT

 

Die Auswertungen hinsichtlich des primären Endpunktes ergaben: Das OS bei Patienten, die adjuvant ADT plus EBRT erhielten, war sowohl signifikant länger im Vergleich zur ADT (p=0,007) als auch gegenüber Beobachtung (p=0,008). Zwischen adjuvanter ADT und Beobachtung wurden dagegen keine signifikanten OS-Unterschiede festgestellt (p=0,88). Die geschätzten 5- und 10-Jahres OS-Raten betrugen entsprechend 88,2% bzw. 67,8% für Beobachtung, 88,1% bzw. 67,5% für ADT und 90,8% bzw. 74,0% für ADT plus EBRT.

 

Patienten mit ungünstigen pathologischen Tumor-Eigenschaften scheinen besonders zu profitieren

 

Tumorstadium pT4, Gleason-Score ≥9, drei oder mehr positive Lymphknoten und positive Schnittränder erwiesen sich als unabhängige pathologische Prädiktoren für ein schlechtes OS. Eine Subgruppenanalyse der Patienten mit pT3 identifizierte pT3b ebenfalls als Prädiktor für ein schlechtes OS (p=0,011).

 

Für diejenigen Patienten ohne ungünstige Merkmale – Gleason Score ≥9, drei oder mehr positive Lymphknoten oder positive Schnittränder – und mit einem pT4 (n=2.549; 31,6%), beziehungsweise einem pT3b Tumor (n=1.619; 20,1%) wurde kein Unterschied zwischen Beobachtung, ADT und ADT plus EBRT bezüglich des Gesamtüberlebens festgestellt. Hingegen führten ein oder mehrere ungünstige pathologische Tumor-Eigenschaften bei den Patienten, die ADT plus EBRT erhielten zu einem größeren OS-Vorteil.

 

Die Zeit bis zum Beginn der Therapie nach Prostatektomie hatte in den Subgruppenanalysen keinen Einfluss auf das Gesamtüberleben.

 

Fazit

 

Lymphknotenpositive PCa-Patienten bilden eine heterogene Patientengruppe. Die vorliegende Studie zeigt, dass eine adjuvante Therapie mit ADT plus EBRT bei Patienten mit Lymphknotenmetastasen nach RP und ungünstigen Tumor-Eigenschaften zu einem langfristigen Überlebensvorteil führt im Vergleich zu Beobachtung oder alleiniger adjuvanter ADT. Ferner kommen die Studienautoren zu dem Schluss, dass diejenigen Patienten ohne ungünstige pathologische Tumor-Eigenschaften nach Risiko stratifiziert werden und zunächst keine adjuvante Therapie erhalten sollten. Mit einer Behandlung sollte erst beim Auftreten eines biochemischen Rezidivs begonnen werden. Eine solche Strategie könnte dazu beitragen, für diese Patienten therapiebezogene Nebenwirkungen zu vermeiden und die Lebensqualität zu erhalten. Es werden randomisierte, prospektive Studien benötigt, um diese Daten zu bestätigen.

REFERENZEN