PCa: Definition der biochemischen Heilung nach LDR-Brachytherapie
Crook et al.[1] hatten auf Basis der Ergebnisse ihrer großen, retrospektiven internationalen Studie gezeigt, dass ein Prostata-spezifischer Antigen (PSA)-Nadir ≤0,2 ng/ml 4 Jahre nach der Seed-Implantation ein guter prognostischer Marker für eine Heilung von Prostatakrebs (PCa) nach Niedrig-Dosis (LDR)-Brachytherapie darstellt. Jetzt führten D.J. Noble et al. (Edinburgh, Schottland) in einer britischen PCa-Patienten-Population eine externe Validierung der von Crook et al. aufgestellten Definition durch und berichteten die (10- und 15-Jahres) Langzeitergebnisse, stratifiziert nach National Comprehensive Cancer Network (NCCN)-Risikogruppen. Dafür führten sie eine retrospektive Analyse einer Datenbank durch mit prospektiven Daten von PCa-Patienten, die im Rahmen des Scottish National Brachytherapy Service in Edinburgh in den letzten 20 Jahren eine LDR-Brachytherapie erhalten hatten.
Summary
Von den 1.142 PCa-Patienten, die zwischen August 2001 und November 2020 in einem einzigen britischen Zentrum mit LDR-Brachytherapie behandelt wurden, erfüllten 632 die Einschlusskriterien für die vorliegende retrospektive Analyse von Noble et al. (Edinburgh, Schottland). Primärer Endpunkt war das 10-Jahres-krankheitsfreie-Überleben (DFS). Das mediane Alter der Kohorte lag bei 63 Jahren, die mediane Nachbeobachtungszeit bei 9,1 Jahren (Range: 3,5-18,7). Insgesamt standen 248 Patienten im Jahr 10 und 46 Patienten im Jahr 15 für die Analyse zur Verfügung. Bei 64 Patienten (10,1 %) wurde während des Studienzeitraums ein Rezidiv festgestellt. Wie die Studienautoren berichten, bestätigen ihre Daten die Hypothese von Crook et al.[1], dass ein PSA-Nadir von ≤0,2 ng/ml 4 Jahre nach der Seed-Implantation mit einer Heilung nach LDR-Brachytherapie bei Prostatakrebs assoziiert ist. Tabelle 1 präsentiert das 10-Jahres-DFS, stratifiziert nach dem 4-Jahres-PSA-Wert, Tabelle 2 zeigt das 10-Jahres-DFS, stratifiziert nach NCCN-Risiko-Gruppe.
4-Jahres-PSA-Wert (ng/ml) |
10-Jahres-DFS |
NCCN-Risiko-Gruppe |
10-Jahres-DFS |
≤0,2 |
97,5% |
Niedriges Risiko |
93,1% (89,6-96,7)
|
>0,2-≤0,5 |
89,0% |
Günstiges mittleres Risiko |
92,1% (87,6-96,9)
|
>0,5-≤1,0 |
81,5% |
Ungünstiges mittleres Risiko |
75,9% (67,8-84,9) |
>1,0 |
41,8% |
|
|
Das 10-Jahres-DFS, stratifiziert nach 4-Jahres-PSA-Wert. |
Das 10-Jahres-DFS, stratifiziert nach NCCN-Risiko-Gruppe. |
||
Tabelle 1 |
Tabelle 2 |
Details
Rationale
Bisher gab es keine genaue Definition von PSA-Ansprechen und damit verbundener Heilung nach LDR-Brachytherapie. Eine aktuelle große retrospektive internationale Studie (Crook et al.)[1] konnte zeigen, dass 98,7 % der Patienten, die 4 Jahre nach der Seed-Implantation einen PSA-Wert ≤0,2 ng/ml aufwiesen, 10 Jahre später immer noch krankheitsfrei waren. Crook et al.[1] schlugen daher einen 4-Jahres-PSA-Nadir ≤0,2 ng/ml nach Seed-Implantation als biochemische Definition für eine Heilung von PCa nach LDR-Brachytherapie vor. Crook et al.[1] hatten den Schwellenwert aus der Auswertung von Daten einer großen kanadischen Datenbank abgeleitet – dieser wurde anhand von kleineren Datensätzen australischer, irischer und US-Kohorten validiert. Jetzt führten D.J. Noble et al. (Edinburgh, Schottland) in einer britischen PCa-Patienten-Population eine externe Validierung der von Crook et al. aufgestellten Definition durch und berichteten die (10- und 15-Jahres) Langzeitergebnisse, stratifiziert nach NCCN-Risikogruppen.
Methodik
Die Basis der vorliegenden retrospektiven Analyse von Noble et al. bildeten die prospektiv erfassten Daten einer Datenbank mit PCa-Patienten, die im Rahmen des Scottish National Brachytherapy Service in Edinburgh behandelt wurden. Betrachtet wurden 1.142 PCa-Patienten, die zwischen August 2001 und November 2020 mit LDR-Brachytherapie in diesem Zentrum behandelt wurden. 632 erfüllten die Einschlusskriterien. Da Noble et al. die Methodik ihrer Kollegen so genau wie möglich replizieren wollten, verwendeten sie die dieselben Ausschlusskriterien (unter anderem: Nachbeobachtungszeit von < 4 Jahren ab dem Zeitpunkt der Behandlung, das Fehlen eines 4-Jahres-PSA-Wertes und Vorliegen eines Hochrisiko-PCa gemäß NCCN-Kriterien). Der primäre Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben nach 10 Jahren (DFS; Definition: kein Vorliegen einer klinischen, radiologischen oder PSA-Progression, die eine ADT erfordert). Der PSA-Wert nach vier Jahren wurde – analog zu Crook et al.[1] – stratifiziert nach: ≤0,2 ng/ml; >0,2-0,5 ng/ml; >0,5-1,0 ng/ml; >1,0 ng/ml.
Ergebnisse
Die Patienten waren im Median 63 Jahre alt. Gemäß NCCN-Risiko-Stratifizierungs-Kriterien hatten 39,9 % ein niedriges Risiko, 36,7 % ein günstiges mittleres Risiko und 23,4 % ein ungünstiges mittleres Risiko. Die mediane Nachbeobachtungszeit für diese Kohorte betrug 9,1 Jahre (Range: 3,5-18,7 Jahre). Nach 10 Jahren standen noch 248 Patienten für die Analyse zur Verfügung, nach 15 Jahren waren es 46. Die mediane Anzahl der PSA-Messungen nach der Behandlung war 9. Während des gesamten Studienzeitraums erfuhren 64 Patienten der ursprünglichen Kohorte (10,1 %) ein Rezidiv. Die Anzahl der Patienten in jeder 4-Jahres-PSA-Kategorie verteilte sich wie folgt (Tabelle 3):
Kategorie PSA-Wert (ng/ml) |
Patienten, n (%) |
≤0,2 |
402 (63,6) |
>0,2 - ≤0,5 |
122 (19,3) |
>0,5 - ≤1,0 |
55 (8,7) |
>1,0 |
53 (8,4) |
|
|
Tabelle 3: Verteilung der Patienten in Bezug auf die PSA-Kategorien nach 4 Jahren. |
Der Anteil der Patienten in jeder NCCN-Risiko-Stratifizierungs-Gruppe mit einem 4-Jahres-PSA-Wert von ≤0,2 ng/ml wurde ebenfalls berechnet (Tabelle 4):
NCCN-Risiko-Gruppe |
Patienten, n (%) |
Niedriges Risiko |
160/252 (63,5) |
Günstiges mittleres Risiko |
155/232 (66,8) |
Ungünstiges mittleres Risiko |
87/148 (58,8) |
|
|
Tabelle 4: Anteil der Patienten in jeder NCCN-Risiko-Stratifizierungs-Gruppe mit einem 4-Jahres-PSA-Wert von 0,2 ng/ml. |
Die Wahrscheinlichkeit, während des gesamten Nachbeobachtungszeitraums krankheitsfrei zu bleiben, waren für die Patienten mit dem 4-Jahres-PSA-Wert von ≤0,2 ng/ml am höchsten, gefolgt von denjenigen mit einem entsprechenden PSA-Wert von >0,2 - ≤0,5ng/ml und >0,5 - ≤1,0ng/ml sowie >1,0ng/ml. Die Assoziation der 4-Jahres-PSA-Messung und der Wahrscheinlichkeit, während des gesamten Nachbeobachtungszeitraums krankheitsfrei zu bleiben, war hochsignifikant (p< 0,0001). Die DFS-Wahrscheinlichkeiten nach 10 und 15 Jahren sind in Tabelle 5 dargestellt, wobei die Daten aus der Studie von Crook et al.[1] zum Vergleich herangezogen wurden.
|
Krebszentrum Edinburgh |
Datensatz von Crook et al. (kanadische Kohorte) |
||
4-Jahres-PSA-Wert (ng/ml) |
10-Jahres-DFS (95% KI) |
15-Jahres-DFS (95% KI) |
10-Jahres-DFS |
15-Jahres-DFS (95% KI) |
≤0,2 |
97,5% |
90,2% |
98,7% |
96,1% |
>0,2-≤0,5 |
89,0% |
84,5% |
93,5% |
86,8% |
>0,5-≤1,0 |
81,5% |
73.4% |
85,9% |
78,2% |
>1,0 |
41,8% |
41,8% |
48,0% |
33,2% |
|
|
|
|
|
Tabelle 5: Die DFS-Wahrscheinlichkeiten, stratifiziert nach 4-Jahres-PSA-Wert, nach 10 und 15 Jahren im Vergleich zu den Daten aus der Studie von Crook et al.[1]. |
248 Patienten waren nach 10 Jahren noch ohne Rezidiv – davon ein Großteil (n=154) in der 4-Jahres-PSA-Kategorie ≤0,2 ng/ml; somit lag die Sensitivität dieses Schwellenwerts für das 10-Jahres DFS bei 62,1 % (95 % KI 55,7-68,2). 52 Rezidiv-Ereignisse traten vor dem 10-Jahres Nachbeobachtungszeitpunkt auf – davon hatten lediglich 6 Patienten einen 4-Jahres-PSA-Wert ≤0,2 ng/ml; daraus ergibt sich eine Spezifität dieses Schwellenwerts für das 10-Jahres DFS von 88,5 % (95 % KI 76,6-95,7).
Die Wahrscheinlichkeit der Rezidiv-Freiheit über den Nachbeobachtungszeitraum, wobei die Kohorte nach NCCN-Risikogruppen aufgeteilt ist, ergab, dass die Patienten mit dem niedrigen Risiko am längsten ohne Rezidiv waren, gefolgt vom günstigen mittleren Risiko und dem ungünstigen mittleren Risiko. Die Wahrscheinlichkeit, nach 10 und 15 Jahren ohne Rezidiv zu sein, ist für jede NCCN-Risikogruppe in Tabelle 6 beschrieben.
NCCN-Risiko-Gruppe |
10-Jahres-DFS (95 % KI) |
15-Jahres-DFS (95 % KI) |
Niedriges Risiko |
93,1% (89,6-96,7) |
86,6% (80,4-93,3) |
Günstiges mittleres Risiko |
92,1% (87,6-96,9) |
88,8% (82,7-95,5) |
Ungünstiges mittleres Risiko 148 (23,4%) |
75,9% (67,8-84,9) |
71,3% (61,8-82,2) |
|
|
|
Tabelle 6: 10-Jahres DFS nach 10 bzw. 15 Jahren, stratifiziert nach NCCN-Risiko-Gruppe. |
Fazit
Die vorliegende Studie bestätigt anhand der Validierung einer britischen Kohorte die Hypothese von Crook et al.[1], dass 4 Jahre nach der LDR-Brachytherapie ein PSA-Nadir von 0,2 ng/ml einer Heilung gleichkommt. Patienten mit diesem PSA-Nadir könnten laut Studienautoren wieder in die hausärztliche Nachsorge entlassen werden. Für PCa-Patienten, die mit einem niedrigen oder günstigen mittleren Krankheits-Risiko neu aufgenommen werden, erläutern die Autoren weiter, bietet eine LDR-Brachytherapie sehr gute Ergebnisse. Denn die Wahrscheinlichkeit, nach 10 bis 15 Jahren noch krankheitsfrei zu sein, liegt bei etwa 90 % und steigt auf 97,5 %, wenn ein PSA-Nadir ≤0,2 ng/ml bis zum 4. Jahr nach der Implantation erreicht wird. Bei Patienten mit einem 4-Jahres-PSA-Wert von >1,0 ng/ml sollte der frühzeitige Einsatz von PSMA-PET/CT in Betracht gezogen werden, um festzustellen, ob sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Salvage-Therapie benötigen.