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Die DART 01/05 Studie: finale 10-Jahres-Daten

 

Bei DART 01/05 handelt es sich um die erste randomisierte Studie, die die optimale Dauer einer Androgendeprivationstherapie (ADT; Kurzzeit: 4 Monate vs. Langzeit: 28 Monate) beim lokalisierten Prostatakarzinom (PCa) mit mittlerem und hohem Risiko in Kombination mit einer Hochdosis-Strahlentherapie untersucht. Die 5-Jahres-Daten hatten gezeigt, dass eine 2-jährige adjuvante ADT in Kombination mit einer Hochdosis-Strahlentherapie das biochemische krankheitsfreie Überleben (bDFS; primärer Endpunkt), metastasenfreies Überleben (MFS) und Gesamtüberleben (OS) signifikant verlängerte, insbesondere beim Hochrisiko-PCa.[1,2] Jetzt analysierte die Arbeitsgruppe die abschließenden 10-Jahres-Daten.

 

Summary

 

In die offene, multizentrische, randomisierte, kontrollierte Phase-III-Studie DART 01/05 wurden – von ursprünglich 362 eingeschlossenen PCa-Patienten mit mittlerem und hohem Risiko – 354 entweder auf eine Kurzzeit-ADT (STAD) oder eine Langzeit-ADT (LTAD) 1:1 randomisiert. Die Patienten hatten alle in Kombination zur ADT eine Hochdosis-Strahlentherapie erhalten. Im Median wurden die Patienten 119,4 Monate (IQR 100,6-124,3) nachbeobachtet.

 

Der signifikante Vorteil der LTAD nach 5 Jahren Nachbeobachtung konnte nach dem Langzeit-Follow-up von 10 Jahren nicht bestätigt werden – beachtenswert ist allerdings ein konsistenter absoluter und klinisch relevanter Vorteil einer LTAD gegenüber STAD von fast 12 % für dDFS, MFS sowie OS in der Subgruppe der Hochrisiko-Patienten. Die Patienten mit mittlerem Risiko profitierten nicht von einer LTAD.

 

Mit Blick auf das Ursachen-spezifische Überleben (CSS) zeigte sich, dass Prostatakrebs-spezifische Todesfälle lediglich in der Hochrisikogruppe auftraten (11/354; 3 %; LTAD: 5 vs. STAD: 6). Insgesamt verstarben 76/354 (21 %) Patienten an anderen Ursachen (hauptsächlich an einem Zweitmalignom (31/354; 9 %) und an Herz-Kreislauf-Erkrankungen (21/354; 6 %). Therapie-bedingte Todesfälle traten nicht auf.

 

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Details

 

Rationale

Nach wie vor gibt es keinen Konsens über die optimale Dauer einer ADT in Kombination mit einer Hochdosis-Strahlentherapie. Die offene, multizentrische, randomisierte, kontrollierte Phase-III-Studie DART 01/05 untersuchte, ob eine Langzeit-ADT (LTAD) kombiniert mit einer hochdosierten Strahlentherapie einer Kurzzeit-ADT (STAD) überlegen ist. Laut den 5-Jahres-Daten verlängerte eine 2-jährige adjuvante ADT in Kombination mit einer hochdosierten Strahlentherapie dDFS, MFS sowie OS signifikant – insbesondere beim Hochrisiko-PCa. Gleichzeitig stieg bei einer LTAD das Risiko für nicht-fatale kardiovaskuläre Ereignisse, jedoch nicht das Risiko einer späten strahleninduzierten urogenitalen oder gastrointestinalen Toxizität, verglichen mit STAD.[1,2] Jetzt präsentierten Almudena Zapateron et al. (Madrid, Spanien) die 10-Jahres-Abschlussdaten.

 

Studienpopulation und Methodik

Die Studie DART 01/05 wurde in 10 Kliniken in Spanien durchgeführt. Um in die Studie aufgenommen zu werden, mussten die Patienten mindestens 18 Jahre alt sei, ein histologisch bestätigtes Adenokarzinom der Prostata in den Stadien T1c - T3, N0 und M0 (gemäß der Klassifikation des American Joint Committee on Cancer, 2002) mit Intermediär- und Hochrisikofaktoren (gemäß den Leitlinien des National Comprehensive Cancer Network), einen prostataspezifischen Antigen (PSA)-Wert < 100 ng/ml sowie einen Karnofsky-Index ≥ 70% und eine Lebenserwartung von mehr als 5 Jahren aufweisen. Die Patienten wurden 1:1 randomisiert, entweder auf eine 4-monatige neoadjuvante Behandlung und parallele STAD plus Hochdosis-Strahlentherapie (Mindestdosis: 76 Gy; mediane Dosis: 78 Gy) oder die gleiche Therapie, gefolgt von einer 24-monatigen adjuvanten LTAD.

 

Der primäre Endpunkt war das biochemische Krankheits-freie Überleben (bDFS; Zeit von der Randomisierung bis zur biochemischen Progression, d. h. PSA-Nadir plus 2 ng/ml als Definition für biochemische Rezidiv, sowie bis zum Tod aus jeglicher Ursache, oder Zensierung zum Zeitpunkt des letzten Kontakts) nach 5 Jahren.[1,2] In der vorliegenden abschließenden 10-Jahres-Studie wurden das bDFS, MFS, OS und das CSS (Ursachen-spezifisches Überleben: Zeit bis zum PCa-spezifischen Tod oder Tod verursacht durch Behandlungskomplikationen und Tod unbekannter Ursache bei Patienten mit aktiver Krebserkrankung), unter Berücksichtigung des kompetitiven Risikos eines nicht-PCa-spezifischen Todes analysiert.

 

Ergebnisse

 

Studienpatienten

Zwischen dem 7. November 2005 und dem 20. Dezember 2010 wurden 362 Patienten in die Studie eingeschlossen, davon waren 355 geeignet. Ein Patient in der STAD-Gruppe zog sich aus der Studie zurück, sodass in die Analyse der 10-Jahres-Daten 354 Patienten mit jeweils 177 im STAD- bzw. im LTAD-Arm einflossen.

An das Behandlungsprotokoll hielten sich in der LTAD-Gruppe 169/177(95 %) Patienten und in der STAD-Gruppe 170/177 (96 %). Die mediane „International Commission on Radiological Units and Measurements“ (ICRU)-Strahlendosis für die Prostata betrug für beide Gruppen 78 Gy (77,0-78,6). Im Median nachbeobachtet wurde die Gesamtpopulation über 119,4 Monate (IQR 100,6-124,3); LTAD-Gruppe: 119,5 (103,9-123,4) Monate; STAD-Gruppe: 119,4 Monate (83,0-124,4). 30/354 (8,5 %) Patienten konnten nicht nachbeobachtet werden.

 

Biochemisches krankheitsfreies Überleben

Nach 10 Jahren gab es in der LTAD-Gruppe 56 bDFS-Ereignisse: Tod jeglicher Ursache: 30 (54 %) und biochemisches Rezidiv: 26 (46 %). In der STAD-Gruppe traten 65 bDFS-Ereignisse auf: Tod jeglicher Ursache: 35 (54 %) und biochemisches Rezidiv: 30 (46 %). Nach 10 Jahren waren in der LTAD-Gruppe 70,2 % (95 % KI 63,1-77,3) ohne biochemisches Rezidiv am Leben, verglichen mit 62,3 % (54,9-69,7) in der STAD-Gruppe (HR 0,84; 95 % KI 0,50-1,43; p=0,52).

 

Metastasenfreies Überleben

Bei 45 Patienten der LTAD-Gruppe wurde ein Ereignis in Bezug auf das MFS dokumentiert, davon waren 36 (80 %) Todesfälle jeglicher Ursache, während 9 (20 %) Patienten Fernmetastasen entwickelt hatten. In der STAD-Gruppe zeigten 50 Patienten ein entsprechendes Ereignis: 40 (80 %) verstarben an jeglicher Ursache, bei 10 (20 %) wurden Fernmetastasen diagnostiziert. Das MFS-10-Jahres-Überleben lag in der LTAD-Gruppe bei 76,0 % (95 % KI 69,4-82,7) und in der STAD-Gruppe bei 70,9 % (64,0-77,8); (HR 0,90; 95 % KI 0,37-2,19; p=0,81).

 

Gesamtüberleben

In der LTAD-Gruppe und der STAD-Gruppe wurden 41 bzw. 46 Todesfälle gemeldet. Nach 10 Jahren waren in der LTAD-Gruppe noch 78,4 % (95 % KI 72,1-84,8) der Patienten am Leben und in der STAD-Gruppe 73,3 % (66,6-80,0); (HR 0,84; 95 % KI 0,55-1,27; p=0,40). Weder in der LTAD- noch in der STAD-Gruppe wurden das bDFS, das MFS noch das OS im Median erreicht (nicht erreicht; NR); (NR [95 % KI NR-NR] in beiden Gruppen).

 

Subgruppen-Analyse

Die Subgruppen-Analyse für Patienten mit intermediärem und hohem Risiko ergab ebenfalls keine signifikanten Effekte der LTAD auf die Endpunkte bDFS, MFS und OS.

Der Slider zu Tabelle 1 zeigt die Effekte von LTAD vs. STAD, stratifiziert nach Gesamtpatientenpopulation und den beiden Risiko-Subgruppen, auf die drei Endpunkte bDFS, MFS und CSS.

 

Hier geht es zum Slider.

 

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Multivariate Analysen und kumulative Inzidenzen

In den multivariaten Analysen erwiesen sich das Alter des Patienten, der PSA-Nadir und der PSA-Wert vor Behandlungsbeginn als die einzigen unabhängigen prognostischen Faktoren für das biochemische Rezidiv. Der PSA-Nadir war der einzige signifikante Prädiktor für das OS. Zu einem biochemischen Rezidiv kam es bei 56 (16 %) der Gesamtpatientenpopulation (n=354 Patienten; LTAD-Gruppe: 26 vs. STAD-Gruppe: 30). Von diesen Patienten erhielten lediglich 23 (41 %) eine Salvage-ADT (LTAD-Gruppe: 8/30; 27 % vs. STAD-Gruppe: 15/26; 58 %. 19/354 (5 %) entwickelten Fernmetastasen (LTAD-Gruppe: 9/177; 5 % vs. STAD-Gruppe: 10/177; 6 %).

 

Die kumulativen Inzidenzen nach 10 Jahren betrugen für das biochemische Rezidiv: 14,5 % (95 % KI 10,4-20,1) in der LTAD- gegenüber 16,9 % (11,8-24,1) in der STAD-Gruppe (HR 0,84; 95 % KI 0,70-2,0; p=0,52) und für die Entwicklung von Fernmetastasen: 5,1 % (95 % KI 2,7-9,8) in der LTAD- vs. 5,7 % (95 % KI 3,3-10,0) in der STAD-Gruppe (HR 0,89; 95 % KI 0,46-2,73; p=0,82). 4 PCa-Patienten mit intermediärem Risiko (jeweils 2 in der LTAD- bzw. STAD-Gruppe) und 15 Patienten (LTAD-Gruppe: 7; STAD-Gruppe: 8) mit einem Hochrisiko-PCa entwickelten Fernmetastasen.

 

Ursachen-spezifisches Überleben

Zum Zeitpunkt der Analyse war jeder vierte Patient verstorben 87/354 (25 %), darunter 41/177 (23 %) in der LTAD- und 46/177 (26 %) der STAD-Gruppe. Von den 11 (3 %) Patienten, die an ihrem PCa verstarben, waren alle in der Hochrisiko-Subgruppe (LTAD-Gruppe: 5/177; 3 % vs. STAD-Gruppe: 6/177; 3 %). Die kumulative 10-Jahres-Inzidenz des Prostatakrebs-spezifischen Todes lag in der LTAD-Gruppe bei 3,1 % (95 % KI 1,4-6,6) und bei 3,7 % (91,8-7,5) in der STAD-Gruppe (HR 0,77; 95 % KI 0,24-2,53; p=0,18). 76 (21 %) Patienten verstarben aufgrund anderer Ursachen (LTAD-Gruppe: 36; 20 % und STAD-Gruppe: 40; 23 %.

 

Als häufigste Todesursache wurde ein Zweitmalignom berichtet (alle Patienten: 31/354; 9 %; LTAD-Gruppe: 9/177; 5 % und STAD-Gruppe: 22/177; 12 %; p=0,012). Herz-Kreislauf-Erkrankungen bildeten die zweithäufigste Todesursache (alle Patienten: 21/354; 6 %; LTAD-Gruppe: 13/177; 7 %; STAD-Gruppe: 8/177; 5 %; p=0,12). In der Studie traten keine behandlungsbedingten Todesfälle auf; insgesamt verringerten 8/354 (2 %) Patienten ihre Dosis oder brachen die Therapie ab (LTAD-Gruppe: 6/177; 3 %; STAD-Gruppe: 2/177; 1 % - – die Gründe hierfür waren Medikamenten- oder Strahlentherapie-bedingte Toxizität oder Unverträglichkeit.

 

Diskussion und Fazit

 

Der signifikante Vorteil der LTAD nach 5 Jahren konnte im 10-Jahres Follow-up nicht bestätigt werden. Eine Erklärung dafür, dass die Kurven nach 10 Jahren konvergieren, könnte laut Autoren das konkurrierende Risiko eines nicht-PCa-spezifischen Todes in einer alternden Bevölkerung mit hoher Lebenserwartung sein.

 

Auch wenn der statistisch signifikante Vorteil der LTAD nach 5 Jahren nicht im 10-Jahres Langzeit-Follow-up bestätigt werden konnte, wurde bei Patienten mit Hochrisiko-PCa ein konsistenter absoluter und klinisch relevanter Vorteil von ca. 12% bei dDFS, MFS und OS beobachtet. Diese Ergebnisse decken sich, so die Autoren, auch mit den Ergebnissen anderer Studien mit ADT und konventioneller Strahlentherapie mit/ohne Chemotherapie und sind vergleichbar den Studienergebnissen zur Kombination von Strahlentherapie mit externer Strahlentherapie (EBRT) oder Brachytherapie.

 

Bei Patienten mit Hochrisiko-PCa sollte daher eine Kombination von Hochdosis-Strahlentherapie und Langzeit-ADT zum Einsatz kommen.

Patienten mit intermediärem Risiko profitieren hingegen nicht von einer LTAD, schließen die Autoren.