Patient & Praxis

Die Versorgung der Patienten auf viele Schultern verteilen

 

VERAH, NäPa und PA sind wertvolle Helfer, doch die Verantwortung bleibt beim Arzt.

 

Im ländlichen Raum geht nichts ohne qualifizierte Assistenzen

 

Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis (VERAH) und Nicht-ärztliche Praxisassistentinnen (NäPa) sind unentbehrliche Helfer in der ambulanten Versorgung und übernehmen vor allem auf dem Land eine Vielzahl medizinischer Versorgungstätigkeiten. Es handelt sich hierbei um MFA, die nach entsprechender Zusatzausbildung mehr Aufgaben wie beispielsweise Hausbesuche übernehmen können. Dadurch entlasten sie den Arzt und tragen zu einer besseren Versorgung der Patienten bei. Neu hinzugekommen ist der akademische Ausbildungsberuf Physician Assistant (PA) bzw. Arztassistent. PAs werden bislang ausschließlich in Kliniken eingesetzt, eine Ausweitung ihres Einsatzgebiets wird diskutiert. Fest steht: Ärzte müssen angesichts des Fachärztemangels, der zunehmenden Komplexität medizinischer Behandlungen und der demografischen Entwicklung stärker durch ein qualifiziertes, multiprofessionelles Team unterstützt werden.

 

MFA weiterbilden – die verschiedenen Wege

 

Zur VERAH können sich MFA fortbilden, die eine zweijährige Berufserfahrung in einer Hausarztpraxis nachweisen können. VERAH übernehmen delegierbare Aufgaben in der Praxis, stellen die Betreuung der Patienten sicher und machen Hausbesuche. Außerdem führen sie eigenständig Gespräche mit den Patienten und geben ihnen praktische Hilfestellung. Eine Weiterbildung zur VERAH ist berufsbegleitend und umfasst insgesamt 200 Unterrichtseinheiten inklusive Praktikum. MFA, die mindestens drei Jahre in einer Hausarztpraxis oder Facharztpraxis beruflich tätig waren, können sich zur Nicht-ärztlichen Praxisassistentin (NäPa) bzw. zur Entlastenden Versorgungsassistentin (EVA) fortbilden lassen. Anzahl und Inhalte der Kurse sind etwas umfangreicher: Je nach Berufserfahrung werden bis zu 271 Fortbildungsstunden berufsbegleitend absolviert. MFA mit einer abgeschlossenen Weiterbildung zur VERAH müssen nur einige wenige zusätzliche Kurseinheiten ableisten, um sich zur NäPa oder EVA zu qualifizieren.

 

NäPa übernehmen Aufgaben des Arztes

 

Eine fertig ausgebildete NäPa/EVA übernimmt in der Praxis einen deutlich größeren Aufgabenbereich als eine MFA und trägt damit mehr Verantwortung. Sie erledigt selbstständig Hausbesuche und verfügt über einen eigenen Patientenstamm. Bei ihren Stammpatienten nimmt sie beispielsweise Blutabnahmen vor, achtet auf Blutzucker und Blutdruck, wechselt Verbände, dokumentiert Wunden und Heilungsprozesse und reagiert entsprechend auf gesundheitliche Veränderungen. Durch ihre Weiterbildung hat sich eine NäPa/EVA ein breites medizinischen Wissen angeeignet, das sie relativ frei in ihren Entscheidungen macht. So kann sie eigenständig vor Ort handeln, ohne vorher Rücksprache mit dem Hausarzt halten zu müssen. Sie beurteilt den allgemeinen Gesundheitszustand, schätzt die Lebenssituation ihrer Patienten ein und koordiniert bei Bedarf die Zusammenarbeit mit Pflegedienst, Pflegekräften und Angehörigen.

 

NäPa machen sich bezahlt

 

Das ärztliche Team für zusätzliche Aufgaben zu qualifizieren, stellt nicht nur eine Arbeitserleichterung dar, es rechnet sich auch für Praxisinhaber. Denn Ärzte, die eine nichtärztliche Praxisassistenz beschäftigen, erhalten eine Förderung. Mit dem Strukturzuschlag GOP 03060 und 03061 sollen vor allem Ausgaben für Weiterbildung, höhere Personalkosten und zusätzliche Praxisausstattung wie Mobiltelefone für Hausbesuche finanziert werden. Der Zuschlag wird pro Behandlungsfall gezahlt, bis zu einem Höchstwert von 23.800 Punkten (bzw. 2.647 Euro) je Praxis und Quartal. Außerdem werden die Haus- und Pflegeheimbesuche durch eine NäPa/EVA vergütet. Für die Abrechnung benötigen Ärzte eine Genehmigung ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Denn Praxen, die diese Leistungen abrechnen wollen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Über die genauen Bedingungen und mögliche Sonderregelungen informiert die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).

 

Physician Assistants bald in niedergelassenen Praxen?

 

Diskutiert wird seit einigen Jahren über das Berufsbild Physician Assistant (PA) und das Einsatzgebiet dieser speziell ausgebildeten medizinischen Fachkräfte. Beim Physician Assistant oder Arztassistent handelt es sich um einen hochschulisch qualifizierten Gesundheitsberuf. In einem Bachelorstudiengang erwirbt der Assistent die nötigen medizinischen Fachkenntnisse und damit die Voraussetzungen, um vom Arzt delegierbare Tätigkeiten selbstständig zu übernehmen. Das Delegationsmodell „Physician Assistant“ wurde 2017 von der Bundesärztekammer (BÄK) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erarbeitet und im selben Jahr vom Deutschen Ärztetag in Freiburg gebilligt. Der Einsatzbereich für PAs liegt derzeit in der stationären Versorgung, doch das könnte sich künftig ändern. Verschiedene Initiativen und ärztliche Berufsgruppen machen sich dafür stark, Physician Assistants auch im hausärztlichen Umfeld einzusetzen.

 

Der Arzt entscheidet über die Qualifikation

 

Arzt-Ersatzleistungen durch VERAH, NäPa und Co. boomen, doch der Arztvorbehalt setzt ihrem Einsatz Grenzen. Denn bestimmte medizinische Leistungen anordnen, vornehmen und abrechnen darf nur ein approbierter Arzt. Die KBV hat mit dem GKV-Spitzenverband als Anlage zum Bundesmanteltarifvertrag-Ärzte (BMV-Ä) 2013 eine Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung geschlossen (§ 28 Abs 1 Satz 3 SGB V). Daraus und aus den gesetzlichen Vorschriften ergeben sich die Leistungen, die der Arzt delegieren kann und die er selbst erbringen muss. Nicht delegierbar sind beispielsweise Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen, Diagnosestellung, Aufklärung und Beratung, Entscheidungen über die Therapie und Durchführung invasiver Therapien sowie operativer Eingriffe. Welcher Mitarbeiter am Ende qualifiziert genug ist, eine nichtärztliche Maßnahme durchzuführen, entscheidet der Arzt. Denn bei ihm liegt immer die Verantwortung für delegierte Tätigkeiten – und damit die Haftung.