Fokale PCa-Therapie
 

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Fokale PCa-Therapie – eine von europäischen Urologen geschätzte Therapieoption?

 

Bislang fehlen Daten darüber, wie die europäische urologische Community zum Einsatz der fokalen Therapie beim Prostatakarzinom steht. Ein internationales Team um Giancarlo Marra aus Turin, Italien, ging in einer Studie mit Urologen aus 51 Ländern dieser Fragestellung nach.

 

Summary

 

Aufgrund fehlender Informationen darüber, wie die fokale Therapie von Europäischen Urologen beurteilt wird, führte ein internationales Team um Giancarlo Maar, Turin, Italien, zu dieser Fragestellung eine Umfrage durch. Die Arbeitsgruppe zeigte, dass laut ihrer Umfrage die fokale Therapie (FT) für Urologen in Europa eine attraktive Option zur Behandlung des Prostatakarzinoms darstellt. Nahezu Drei Viertel (n=343) der Teilnehmer können sich vorstellen, dass die fokale Therapie in absehbarer Zeit zur Standardbehandlung wird, sobald sich die Patientenauswahl (n=66) verbessert hat oder wenn die Wirksamkeit der FT bewiesen ist (n=78) oder wenn beide Bedingungen erfüllt sind (n=199).

 

Details

 

Wann immer technisch möglich und onkologisch effektiv, werden in der modernen Onkologie gewebeerhaltende Strategien gegenüber radikalen Strategien bevorzugt. Eine Ausnahme bildet bisher Prostatakrebs. Die Prostata ist das letzte feste Organ, bei der standardmäßig die gesamte Drüse mittels Prostatektomie und/oder Radiotherapie behandelt wird. Mit der fokalen Therapie (FT) bietet sich für den lokalisierten Prostatakrebs eine organerhaltende Behandlungsoption einzelner Karzinomherde an, die verträglicher aber genauso wirksam scheint. Allerdings wird der Einsatz der FT kontrovers diskutiert und ihre Anwendung ist auf wenige wissenschaftliche Institutionen beschränkt. Gleichzeitig wurde die Einschätzung der urologischen Community in Europa bislang noch nicht untersucht. Eine internationale Arbeitsgruppe um Giancarlo Marra, Turin, Italien, wollte nun mit Hilfe einer Umfrage herausfinden, wie die europäische urologische Community den Einsatz der fokalen Therapie beurteilt.

 

Das Team nutze dafür einen anonymisierten Fragebogen in englischer Sprache mit 25 offenen Fragen. Der Fragebogen beinhaltete 12 Fragen zur Demografie und 9 zum Thema fokale Therapie. Außerdem sollten die Teilnehmer 4 Fallkasuistiken dahingehend beurteilen, ob diese ihrer Meinung nach für FT geeignet sind oder nicht. Da es Marra und Kollegen vor allem darum ging, so viele Urologen wie möglich zu erreichen, schlossen sie auch angehende Assistenzärzte ein und definierten keine Ausschlusskriterien. Die Befragung fand zwischen November 2016 und Oktober 2017 statt. Verteilt wurde der Fragebogen über 10 Urologische Gesellschaften online und via Twitter während des EAU 2017 an alle Mitglieder der Mailing-Listen – unabhängig von ihrem Fachgebiet (wie Onkologie, Radiologie etc.). Wie viele Ärzte insgesamt erreicht wurden, konnte nicht festgestellt werden. Allerdings erhielten über die EAU-Mailing-Liste mehr als 38.000 Ärzte den Fragebogen. Die Response-Rate war daher mit 417 vollständig ausgefüllten (86,16%) und 67 unvollständig ausgefüllten Fragebögen (13,84%) eher niedrig.

 

Hinsichtlich der Teilnehmer-Demografie zeigte sich folgendes Bild: Über 90% waren als Urologen tätig (n=439) – 39% davon arbeiten in akademischen Institutionen. Ein Großteil der Teilnehmer stammte aus Italien und Frankreich. Mehr als jeder zweite Teilnehmer verfügte über Arbeitserfahrung im Ausland (59,87%) und gab als Kernexpertise das Prostatakarzinom an (62,39%). Über die Hälfte veröffentlichte mindestens einen Beitrag in einer Peer-reviewed-Fachzeitschrift (57,64%) und 4 von 5 Teilnehmern hatten radikale Prostatektomien durchgeführt (81,4%). Die meisten Befragten gaben an, unter 100 PCa-Patienten pro Jahr zu behandeln – von ihnen gaben wiederum 70,8% an, dass in weniger als 1 von 4 Fällen ein Hochrisiko-Karzinom vorlag.

 

Ergebnisse

 

1. Fokale Therapie hat großen Bekanntheitsgrad bei Urologen in Europa

 

Nahezu alle Teilnehmer (94,21%) kannten die Möglichkeit, ein PCa mit einer fokalen Therapie zu behandeln. Knapp 1 von 3 Teilnehmern (29,75%) sah in der fokalen Therapie eine Alternative zur Behandlung der gesamten Prostata mittels radikaler Prostatektomie oder Radiotherapie. 28,5% konstatierten, dass die fokale Therapie ausschließlich in klinischen Studien bewertet werden sollte. Jeder Vierte war der Meinung (25%), die FT könne anstelle von Active Surveillance eingesetzt werden.

Insgesamt war die FT den meisten Teilnehmern gut zugänglich: Ein Großteil der Teilnehmer konnte entweder im eigenen Zentrum (29,13%) oder in der Region (36,15%) auf entsprechende Verfahren zugreifen.

 

2. Die Definition der FT und ihre klinischen Indikationen sind von hohem Interesse

 

Die Mehrheit (39,25%) der Teilnehmer würde die FT bei allen wesentlichen (lebensbedrohlichen) betroffenen Tumorherden anwenden, während andere Läsionen, sofern vorhanden, unbehandelt bleiben bzw. beobachtet werden (Active Surveillance) sollten. Dem gegenüber stehen 32,23% der Teilnehmer, die alle Tumorherde des Prostatakarzinoms behandeln würden – ohne zwischen den Foci zu unterscheiden.

 

3. FT scheint für viele Urologen mit großer Deutlichkeit eine attraktive Behandlung des lokalisierten Prostatakarzinoms dazustellen

 

Die relative Mehrheit (44,83%) bewertet die Einführung der FT als einen Schritt, der die Behandlung des Prostatakarzinoms weiter nach vorne bringen könnte. Über die Hälfte der Teilnehmer würde die FT Patienten empfehlen (52,06%). Lediglich eine Minderheit (7,4%) sprach sich gegen den Nutzen der FT aus. Gleichzeitig glauben 3 von 4 Befragten, dass die FT nach verbesserter Diagnostik der Tumoreigenschaften und/oder nach endgültigem Wirksamkeitsnachweis ebenfalls zum Therapiestandard gehören könne.

 

Um einen möglichen Selektionsbias auszuschließen, wurde eine multivariate Analyse durchgeführt. Die Parameter Verfügbarkeit der fokalen Therapie und Publikation mindestens eines Artikels sind mit einer positiven Einstellung hinsichtlich der FT assoziiert. Umgekehrt waren Ärzte, die an internationalen Kongressen teilnahmen sowie eine hohe Rate an Behandlungen von Hoch-Risiko-Karzinomen (>25%) aufwiesen, der FT gegenüber eher negativ eingestellt. Dieser Zusammenhang lässt sich auch auf Teilnehmer übertragen, die in Zentren mit einer hohen Behandlungsrate an lokalisierten Prostatatumoren (n=150 /Jahr) arbeiten. Daher sollten die Ergebnisse dieser Umfrage sorgsam interpretiert werden.

 

Fazit

 

Insgesamt stehen die meisten Urologen in Europa der fokalen Therapie positiv gegenüber und können sich vorstellen, dass die Therapie zum Standard werden könnte, wenn sich die Patientenselektion und/oder die Datenlage hinsichtlich des Wirksamkeitsnachweises verbessert.

REFERENZEN