Der UroBlog von Dr.
Thomas O. Henkel & PD
Dr. Frank König (Berlin)
 

Fokale Therapie des Prostatakarzinoms [38/70]

 

Wie ist die Idee zur fokalen Therapie entstanden?

 

Die fokale Therapie hat auf Grund einer beeindruckenden Verbesserung der bildgebenden Diagnostik im Laufe des letzten Jahrzehnts ein zunehmendes Interesse bei Fachleuten und betroffenen Patienten gefunden (1,2). Dank der Aufteilung des Prostatakarzinoms in drei unterschiedliche Risikogruppen (niedriges, mittleres, hohes) durch D’Amico (3) und einer verbesserten histologischen Beschreibung des Tumors (Ausbreitungsmuster, Volumenanteil), können Therapeuten heute in den meisten Fällen eine maßgeschneiderte Therapie für den jeweiligen Patienten anbieten (4,5). Potentielle „active surveillance“- Patienten haben jedoch oft ein großes Interesse an einer aktiven Karzinomtherapie mit geringer Morbidität und Erhalt der Lebensqualität. Hier liegt das mögliche Einsatzgebiet einer zielgerichteten fokalen Therapie. Eine Radikal-OP oder Bestrahlung der gesamten Prostata stellt in den meisten Fällen eine Übertherapie dar und birgt immer das Risiko für gravierende Nebenwirkungen wie Inkontinenz oder Impotenz.

 

In der Urologie gibt es seit Jahren je nach Organ, etablierte Beispiele für fokale chirurgische Therapien. Hier handelt es sich in der Regel um kleinere lokalisierte Tumore, die mit einer Resektion oder Enukleation komplett beseitigt werden können. Beispiele hierfür sind z.B. die Nierenteilresektion beim Nierenzellkarzinom, die transurethrale oder Blasenteilresektion beim Urothelkarzinom oder die Organ-erhaltende Resektion des Peniskarzinoms.

 

Im Falle der Prostata können fokale Therapien ebenfalls nur erfolgreich sein wenn es sich um ein lokalisierbares Karzinom im Frühstadium mit geringem Tumorvolumen handelt. Zur Ausbreitungsdiagnostik stehen verschiedene radiologische und nuklearmedizinische Verfahren zur Verfügung, welche oft kombiniert eingesetzt werden (z.B. CT, MRT, PET-CT, 68Ga-PSMA PET/CT, Knochenszintigramm) (6). Für die histologische Sicherung der Tumorerkrankung ist eine Prostata-Biopsie notwendig. Diese sollte in Form einer Fusionsbiopsie nach vorherigem multiparametrischen MRT erfolgen, um das Tumorvolumen und Wachstumsmuster des Karzinoms exakt einschätzen zu können.

 

Es gibt verschiedene Behandlungsmethoden die bei der Durchführung einer fokalen Therapie aktuell zur Verfügung stehen. Beispielhaft zu nennen sind der Hoch-intensive fokussierte Ultraschall (HIFU), die LDR-Brachytherapie (fokale radioaktive Seed-Implantation), die irreversible Elektroporation (IRE/Nanoknife) sowie die Laser- und Kryo-Ablation. Diese Behandlungen werden an verschiedenen Zentren angeboten, meist als Alternative zu den kurativen Standard-Therapien (7,8,9,10,11).

 

Zunehmender Stellenwert fokaler Therapien

 

Das große weltweite Interesse an fokalen Therapien findet seine Bestätigung in der Tatsache, dass bereits das 11th International Symposium on Focal Therapy and Imaging in Prostate and Kidney Cancer vom 09.-11.02.2019 dieses Jahr in Kyoto (Japan) stattfindet. Innerhalb Deutschlands erfolgte bereits 2011 die Gründung eines speziellen Arbeitskreises für fokale und Mikrotherapie (AKFM). Seither können sich Urologen durch die zahlreichen DGU- Kongressbeiträge, durch diverse Publikationen in nationalen urologischen Zeitschriften und auch durch spezielle regionale Update- Symposien (z.B. 2x Berlin, Ludwigshafen, Bergisch Gladbach und Fürth) stetig auf dem neuesten Stand halten.

 

Der zunehmende Stellenwert fokaler Therapieformen auf europäischer Ebene wird besonders in der Publikation von 2018 „Focal Therapy in localised prostate cancer: Real world urological perspective explored in a cross-sectional European survey“ deutlich. Erstmals konnte durch Umfragen realistisch eingeschätzt werden, welche Rolle das Thema im Alltag des Urologen spielt. Faktoren wie die Verfügbarkeit der Verfahren und die Publikation mindestens eines Artikels waren mit einer positiven Einstellung zur fokalen Therapie assoziiert. Interessanterweise war eine negative Einstellung eher bei den Ärzten vertreten, die internationale Kongresse besuchten, die relativ viele Hoch-Risiko PCa- Patienten (>25%) behandeln und in sog. „high volume“ - Behandlungszentren in Bezug auf das lokal begrenzte Prostatakarzinoms tätig sind.

 

Ausblick

 

Auch wenn aktuell keine randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) mit Langzeit-Ergebnissen vorliegen, wird die fokale Therapie allgemein als attraktive und zukunftsträchtige Behandlungsoption betrachtet.

 

Zwei wichtige Parameter werden die Akzeptanz und Etablierung der fokalen Therapie als anerkannten Standard stark beeinflussen:

 

  1. Die verbesserte Patientenselektion durch optimale Tumorlokalisation
  2. Der Nachweis der Therapieeffektivität bei Erhaltung der Lebensqualität in RCTs.

 

Abschließend sollte nicht vergessen werden, dass die fokale Therapie eine „patient driven“ - Therapieform darstellt. Insbesondere Patienten unter „active surveillance“ stehen häufig unter einer erheblichen psychischen Belastung und werden nach einer aktiven Behandlungsalternative mittels minimal- invasiver Verfahren suchen (12).

REFERENZEN