Gleason-Grad-
Gruppe ≤ 3
und Metastasen-
Screening

Metastasen-Screening mittels MRT bei Therapie-naiven PCa-Patienten mit mittlerem und hohem Risiko

 

Gemäß den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) wird empfohlen, bei Prostatakarzinom (PCa)-Patienten mit PSA > 20 ng/ml und/oder Gleason-Grad-Gruppe ≥ 3 [entspricht Gleason-Score ≥ 7b gemäß ISUP] und/oder cT ≥ 2c und/oder Knochensymptomen das Vorhandensein von Metastasen abzuklären. Frederik Ottosson et al. (Oslo, Norwegen) untersuchte nun retrospektiv die Prävalenz und Verteilung von Knochenmetastasen bei Therapie-naiven PCa-Patienten (n=161), die in den Jahren 2016 und 2017 via Ganzkörper-Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht worden waren. In die Analyse eingeschlossen wurden Patienten, die die Voraussetzungen für eine Abklärung von Metastasen gemäß den aktuellen EAU-Leitlinien erfüllten. Die Studienautoren bewertete jetzt die Original-MRT-Berichte im Lichte der aktuellen Leitlinien-Empfehlungen.

 

Summary

 

Frederik Ottosson et al. (Oslo, Norwegen) nahmen 161 Patienten mit einem neu diagnostizierten PCa, die zwischen 2016 und 2017 ein Ganzkörper-MRT erhalten hatten und bei denen nach den aktuellen EAU-Leitlinien ein Metastasen-Screening empfohlen würde – in ihre Analyse auf: Davon wiesen 36 (22 %) ein mittleres Risiko und 125 (78 %) ein hohes Risiko auf. Das mediane Alter lag bei 71 Jahren (IQR 64-76) und das prostataspezifische Antigen (PSA) bei 13 ng/ml (IQR 8-28).

 

Die Definition des Vorliegens von Metastasen war deskriptiv und basierte auf den Original-MRT-Berichten. Die Auswertung der Berichte ergab:

 

  • Insgesamt wiesen 12 Patienten (7 %, 95 % KI 4-13) Knochenmetastasen auf.
  • Alle Patienten mit Metastasen waren Hochrisiko-Patienten mit Gleason-Grad-Gruppe ≥ 4.
  • Bei Patienten mit Gleason-Grad-Gruppe ≤ 3 wurden keine Metastasen entdeckt.
  • Primäre Lokalisation der Metastasen war das Becken. o Bei 4 Patienten war das Becken betroffen, bei den übrigen 8 die Wirbelsäule plus Becken.
  • Kein Patient zeigte Metastasen an der Wirbelsäule ohne begleitende Metastasen im Becken.

 

Die Studie gibt Hinweise darauf, dass die Gesamtprävalenz von Knochenmetastasen eher niedrig ist (7%), wenn das Screening gemäß den aktuellen Empfehlungen der EAU-Leitlinie durchgeführt wird. Daher sollte laut Autoren untersucht werden, ob bei Patienten, ohne hohes Risiko (mit Gleason-Grad-Gruppe 3) ein Routine-Screening notwendig sei.

 

Details

 

Rationale & Fragestellung

 

Gemäß den aktuellen EAU-Leitlinien soll eine Abklärung der Metastasierung für alle PCa-Patienten mit PSA > 20 ng/ml und/oder Gleason-Grad-Gruppe ≥ 3 [entspricht Gleason-Score ≥ 7b gemäß ISUP] und/oder cT ≥ 2c und/oder Knochensymptomen erfolgen. Neu gegenüber den Empfehlungen von 2015 ist zudem, dass bei Patienten der Gleason-Grad-Gruppe ≥ 3, unabhängig von PSA-Wert und Stadium, das Vorhandensein von Metastasen abgeklärt werden sollte.

Wie sich Metastasen im Körper ausbreiten, ist noch nicht vollständig geklärt, doch scheint es sich um eine „aufsteigende Krankheit“ zu handeln. Dies impliziert das Becken als ersten und damit häufigsten Ort der Metastasten-Ansiedelung, gefolgt von axialem Skelett und Lymphknoten. Mit der vorliegenden retrospektiven Studie wollten Frederik Ottosson et al. Prävalenz und Verteilung von Knochenmetastasen retrospektiv bei Therapie-naiven PCa-Patienten – anhand von Original-MRT-Berichten – erfassen, und die Ergebnisse im Lichte aktueller EAU-Leitlinien evaluieren.

 

Methodik

 

Die vorliegende retrospektive monozentrische Studie schloss Patienten mit Therapie-naivem PCa ein, die in den Jahren 2016 und 2017 zur Ganzkörper-MRT überwiesen wurden zur Abklärung des Vorhandenseins von Metastasen. In diesem Zeitraum stellte eine Ganzkörper-MRT die Routineuntersuchung für die Untersuchung von Metastasen dar. Für alle in die Auswertung aufgenommen Patienten würde jetzt gemäß den aktuellen EAU-Leitlinien (PSA > 20 ng/ml und/oder Gleason-Grad-Gruppe ≥ 3 und/oder cT ≥ 2c und/oder Knochensymptomen) eine Abklärung der Metastasen empfohlen. Die Definition des Vorliegens von Metastasen war deskriptiv und basierte auf den Original-MRT-Berichten. Die Ergebnisse wurden nach dem positiven bzw. negativen Befund von Knochenmetastasen dichotomisiert. Des Weiteren wurde erfasst, wo sich die Metastasen gebildet hatten.

 

Ergebnisse

 

Deskriptive Statistik

In den Jahren 2016 und 2017 erhielten 229 PCa-Patienten eine Ganzkörper-MRT – davon konnten 161 Patienten im medianen Alter von 71 Jahren (IQR 64-76) mit einem medianen PSA-Wert von 13,0 (IQR 8-28) in die Analyse aufgenommen werden: 36 (22 %) wiesen ein PCa mit einem mittleren Risiko auf (Gleason- Grad Gruppe 2–3, und/oder PSA 10–20 ng/ml, und cT≤2b), bei 125 (78 %) wurde ein hohes Risiko (Gleason- Grad Gruppe ≥ 4, und/oder PSA > 20 ng/ml, und/oder cT ≥ 2c) festgestellt. Von vier als Hochrisikopatienten eingestuften Patienten wurde aufgrund von Komorbiditäten keine Bestätigungsbiopsie durchgeführt. Der PSA-Wert dieser Patienten lag zwischen 22 und 2.000 ng/ml.

Prävalenz und Lage der Knochenmetastasen

Wie die Auswertung der Original-MRT-Berichte zeigte, wurden Knochenmetastasen bei 8% der Patienten (95% KI 4-14; 13 von 161) identifiziert. Von diesen Patienten hatten 23% (95% KI 5-67, 3 von 13) weniger als vier Metastasen. Bei einem Patienten wurde eine solitäre Metastase im 9. Brustwirbel gefunden, eine Biopsie der Läsion offenbarte jedoch eine chronische lymphatische Leukämie. Die restlichen 7% (95% KI 4-13, 12 von 161) wurden klinisch so behandelt, als hätten sie PCa-bedingte Metastasen, ohne bestätigende Biopsie. Bei den Hochrisiko-Patienten wies jeder 10. Patient (95% KI 5-17) Metastasen auf – davon lag bei 83% (10 von 12) ein Gleason-Grad ≥ 4 vor. Die restlichen Metastasen wurden bei zwei Patienten gefunden, die sich keiner bestätigenden Prostatabiopsie unterzogen hatten. Bei 4 Patienten war ausschließlich das Becken betroffen, bei den übrigen 8 sowohl die Wirbelsäule als auch das Becken. Keiner der Patienten wies Metastasen in der Wirbelsäule ohne begleitende Metastasen im Becken auf.

Der mediane PSA-Wert war bei den Patienten mit Metastasen signifikant höher gegenüber denjenigen ohne Metastasen (63,0 ng/ml (IQR 36,5-189,0) vs.13,0 ng/ml (IQR 7,8- 24,5; p < 0,01). Bezüglich des Alters wurde kein Unterschied gefunden (p = 0,3). Die Area under the curve (AUC) für PSA-Wert und Gleason-Grad-Gruppe zur Vorhersage von Knochenmetastasen lag entsprechend bei 0,869 (95% KI 0,75-0,99) und 0,762 (95% KI 0,65-0,87).

 

Diskussionspunkte

 

Die Ergebnisse dieser Studie basieren auf der MRT als bildgebende Methode. Laut Autoren müsse in zukünftigen Studien ein Vergleich der MRT mit BS oder CT erfolgen, um den Einfluss der bildgebenden Methode auf die Diagnose von Metastasen zu beurteilen. Zudem gilt es zu untersuchen, wie eine MRT die Wahl der Therapie und das Überleben beeinflusst.

 

Fazit

 

Die vorliegende Studie gibt Hinweise darauf, dass die Gesamtprävalenz von Knochenmetastasen niedrig ist (7%), wenn ein entsprechendes Screening bei Patienten – gemäß EAU-Leitlinien – durchgeführt wird. Laut Die Studienautoren lagen Metastasen ausschließlich bei Hoch-Risiko-Patienten mit Gleason-Grad-Gruppe ≥ 4 vor. Daher sollte laut Autoren untersucht werden, ob bei Patienten, ohne hohes Risiko (mit Gleason-Grad-Gruppe 3) ein Routine-Screening notwendig sei. Zudem wurden keine Läsionen in der Wirbelsäule ohne begleitende Metastasen im Becken gefunden – ein Ergebnis, das auch in der Literatur beschrieben wird. So könnte es laut Studienautoren ausreichend sein, lediglich das Becken zu scannen und eine vollständige Untersuchung der Wirbelsäule erst durchzuführen, wenn Metastasen im Becken entdeckt wurden.