mpMRT und Active-
Surveillance beim
lokalisierten
Prostatakarzinom
 

FÜR SIE GELESEN!

 

Verbessert die Aufnahme der mpMRT in das Active-Surveillance-Protokoll die Reklassifizierung von Patienten mit lokalisiertem PCa?

 

2014 empfahl das UK National Institute for Health and Care Excellence in einer Aktualisierung seiner PCa-Leitlinien, die mpMRT ± zielgerichtete Biopsie beim Vorliegen von radiologisch signifikanten Läsionen in das Active-Surveillance-Protokoll aufzunehmen. Ein britisches Team um Richard J Bryant untersuchte in einer retrospektiven Analyse mit 445 Patienten, ob die Reklassifizierung von PCa-Patienten unter AS verbessert werden kann, wenn die herkömmlichen zu beliebigen Zeitpunkten durchgeführten Wiederholungsbiopsien durch mpMRT ± zielgerichtete Prostatabiopsie ersetzt werden.

 

Summary

 

Der Krankheitsverlauf von PCa-Patienten unter Active Surveillance (AS) wird herkömmlich mit seriellen PSA-Tests, digitalen rektalen Untersuchungen (DRU) und transrektalen Wiederholungsbiopsien (PB: protocol-driven repeat prostate biopsy) überwacht. Werden – auf Basis der Empfehlungen der PCa-Leitlinien der NICE von 2014 – die PBs durch multiparametrische Magnetresonanztomografien (mpMRT) ± wiederholte zielgerichtete Prostatabiopsie (targeted biopsy: TB) ersetzt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Reklassifizierung. Männer unter AS mit einer klinisch signifikanten behandlungsbedürftigen Erkrankung können so schneller entdeckt und behandelt werden, und somit die onkologische Sicherheit des AS-Protokolls erhöht werden. Im Durchschnitt war ein einziger Satz von Wiederholungsbiopsien erforderlich, um die AS abzubrechen und eine Behandlung einzuleiten und zwar unabhängig davon, ob eine PB oder TB nach vorheriger mpMRT durchgeführt wurde. So lauten die wesentlichen Erkenntnisse der von einer britischen Arbeitsgruppe um Richard J Bryant durchgeführten retrospektiven Studie mit 455 Patienten des Oxford University Hospitals, die sich nach der PCa-Diagnose für die Überwachungsstrategie AS entschieden hatten.

 

Details

 

Bei ausgewählten Patienten mit einen neu diagnostiziertem lokalisierten PCa, das ein geringes Tumorvolumen mit niedrigem bis mittlerem Risiko aufweist, kann der Tumor anstelle einer Behandlung engmaschig aktiv überwacht (Active Surveillance: AS) werden. Mit AS wird das Ziel verfolgt, eine unnötige „Übertherapie“ indolenter Tumoren (assoziiert mit deutlichen Kurz- und Langzeitkomplikationen) zu vermeiden. Kommt es unter AS zu einer Krankheitsprogression, kann dem Patient eine radikale, kurative Therapie angeboten werden.

 

Herkömmliche AS-Protokolle bestehen aus seriellen PSA-Tests, digitalen rektalen Untersuchungen (DRU) und transrektalen (unter Ultraschallkontrolle durchgeführte) protokoll-orientierten Wiederholungsbiopsien (PB: protocol-driven repeat prostate biopsy) zu beliebigen Zeitpunkten. Die Herausforderung dabei ist, die bestmöglichen Zeitintervalle für die PB zu identifizieren. Hinzu kommt: Wiederholte Prostatabiopsien setzen Patienten den Risiken dieses Verfahrens aus – wie beispielsweise Infektionen oder Blutungen. In einer Aktualisierung der Leitlinie für Prostatakrebs 2014 empfahl das NICE (UK National Institute for Health and Care Excellence) die multiparametrische Magnetresonanztomografie (mpMRT) in die AS-Protokolle aufzunehmen und nur radiologisch signifikante Läsionen mit einer gezielten Biopsie (TB) weiter zu untersuchen.

 

Zunehmende Anzahl an AS-Patienten

 

Es ist davon auszugehen, dass sich die Anzahl von AS-Patienten und damit einhergehend die Anzahl der Biopsien jährlich erhöhen wird. Ein britisches Team um Richard J Bryant untersuchte retrospektiv in einer Studie, ob sich die Reklassifizierung von PCa-Patienten unter AS verbessert, wenn PBs durch mpMRT ± wiederholter zielgerichteter Biopsie ersetzt werden. Hauptziel der Studie war es, die Zeit bis zum Beginn einer Therapie (TTT: time to treatment, d.h. Abbruch der AS) und die Abbruchquote zu erfassen. Ferner sollte in dieser Studie untersucht werden, ob durch das veränderte AS-Protokoll die Anzahl der Wiederholungsbiopsien verringert werden kann, die zur Identifizierung klinisch signifikanter behandlungsbedürftiger Prostatakarzinome notwendig sind.

 

Insgesamt schloss die Arbeitsgruppe 445 Patienten in die retrospektive Analyse ein, deren PCa in einem Zeitraum von 2010 bis 2016 in ihrer Institution aktiv überwacht wurde. Die Patienten bis zum Jahr 2014 hatten das „vor 2014 gültige AS-Protokoll“ mit wiederholten Prostatabiopsien durchlaufen. Nach 2014 wurde das bildgebende Verfahren mpMRT in das AS-Protokoll aufgenommen und in der Institution umgesetzt. Insgesamt identifizierte die Arbeitsgruppe vier Patientengruppen: „keine mpMRT und keine PB“, PB alleine“, „mpMRT ± TB“ und „PB und mpMRT ± TB“. Das mediane Follow-up betrug 2,4 Jahre. Die meisten dieser Patienten (98%) wiesen ein niedriges Tumorvolumen mit einem Gleason-Score ≤2 auf.

 

Ergebnisse

 

Abbruchquote und mediane TTT

 

Während der Studienperiode brachen 132 Patienten (30%) AS ab und begannen eine Behandlung. Der häufigste Auslöser für den Beginn einer Therapie war auf eine TB nach einer mpMRT zurückzuführen (43/132 Patienten, 29%). Bei 28 Patienten war eine PB alleine für die Reklassifikation (19%) verantwortlich, in 36 Fällen eine PSA-Progression (24%), in 15 Fällen (10%) eine mpMRT alleine und in 26 Fällen (18%) der Patientenwunsch.

 

Die mediane Zeitdauer bis zum Beginn der Therapie lag bei 1,55 (0,71-2,4) Jahren. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten mit mpMRT ± TB und denjenigen mit PB alleine hinsichtlich AS-Abbruch und Therapie-Beginn beobachtet (55/225, 24%, mediane TTT=1,33 Jahre vs. 20/41, 49%, mediane TTT=1,9 Jahre; p=0,747).

 

Wurden in die Analyse die Patienten-Daten aller vier Gruppen eingeschlossen, zeigte sich: Patienten, die weder mittels mpMRT noch PB/TB untersucht wurden, brachen AS signifikant häufiger früher ab und erhielten eine Therapie, im Vergleich zu den anderen Gruppen (p=0,005). Die Zahlen im Detail: keine mpMRT/keine PB: 29/103, 28%, mediane TTT=0,51 Jahre; PB alleine: 20/41, 49%, mediane TTT=1,9 Jahre; mpMRT ± TB: 55/225, 24%, mediane TTT=1,33 Jahre; PB und mpMRT ± TB: 28/76, 37%, mediane TTT=3,05 Jahre.

 

Bezog sich die Analyse ausschließlich auf die Daten der Patienten, die sich einer Wiederholungsbiopsie unterzogen hatten, offenbarte sich folgendes Bild: Männer mit mpMRT + TB brachen AS signifikant häufiger ab als diejenigen mit PB alleine (29/66 Patienten, 44%, mediane TTT=1,9 Jahre vs. 32/87 Patienten, 37%, mediane TTT=1,9 Jahre; p=0,003).

 

Ein Blick auf die gesamte AS-Kohorte zeigte, dass ein signifikant größerer Anteil an Männern der Gruppe „PB und mpMRT± TB“, AS häufiger abbrach als Patienten der anderen drei Gruppen (16/30 Patienten, 53%, mediane TTT=3,8 Jahre vs. mpMRI ± TB: 29/66, 44%, median TTT=1,9 Jahre; keine PB und keine TB: 55/262, 21%, mediane TTT=0,7 Jahre; PB alleine: 32/87, 37%, mediane TTT=1,9 Jahre; p=0,018).

 

Erforderlich Wiederholungsbiopsien

 

Hinsichtlich der Fragestellung, wie viele Wiederholungsbiopsien für den Abbruch der AS und die Einleitung einer Therapie notwendig sind, ermittelte die Arbeitsgruppe, dass hierfür im Durchschnitt ein Satz an Wiederholungsbiopsien erforderlich ist – das Ergebnis erwies sich als unabhängig davon, ob die Verlaufskontrolle mit PB oder TB nach vorangegangener mpMRT durchgeführt wurde.

 

Fazit

 

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zeigen, dass durch den Einsatz von mpMRT ± TB anstelle von PB im AS-Protokoll, die Wahrscheinlichkeit einer Reklassifizierung steigt. Der Einsatz einer mpMRI ± TB stellt daher einen bedeutenden Fortschritt in der onkologischen Sicherheit des AS-Protokolls dar, da Patienten mit einer klinisch signifikanten behandlungsbedürftigen Erkrankung schneller entdeckt und behandelt werden können. Weitere Langzeituntersuchungen werden benötigt, um das Monitoring mit Hilfe der mpMRT ± TB anstelle der PB zur Identifizierung einer Krankheitsprogression bei Patienten unter AS genauer zu definieren.

REFERENZEN