CRPC: Score für Prognose und Sterberisiko
Bisher gibt es kaum Follow-up-Daten zur Mortalität von Patienten mit einem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (CRPC) außerhalb von klinischen Studien. Aus diesem Grund haben Yashar Khoshkar et al. (Karolinska Institut, Schweden) eine bevölkerungsbasierte Kohorte von Patienten mit einem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (CRPC; n=4.098) in ihre Langzeit-Beobachtunsstudie eingeschlossen. Das primäre Ziel der Analyse war, klinische Variablen zu ermitteln, die die Prognose für diese Patienten vorhersagen können. Gleichzeitig soll so eine Einteilung der Patienten in Risikogruppen für Prostatakrebs-spezifische Mortalität (PCSM) ermöglicht werden, um zu entscheiden, wann es notwendig ist, eine aggressivere oder weniger aggressive Therapie einzuleiten.
Summary
Insgesamt wurden 4.098 Patienten mit CRPC aus einer Real-Life-Kohorte analysiert. Es zeigte sich, dass sich die Verdopplungszeit des Prostata-spezifischen Antigens (PSA-DT) und der PSA-Wert zum Zeitpunkt der Kastrationsresistenz als die stärksten mit dem PCa-spezifischen Überleben assoziierten Variablen erwiesen. Mit Hilfe dieser beiden Variablen ermittelte die Arbeitsgruppe einen Score (Berechnung siehe Fazit für die Praxis), auf Basis dessen 5 Risikogruppen stratifiziert wurden: Gruppe 1 wies dabei das niedrigste, Gruppe 5 das höchste Risiko zu Versterben auf (Tabelle 1).
Score |
Risikogruppe |
≤-6.09 |
1 |
>-6.09 aber ≤-4.73 |
2 |
>-4.73 aber ≤-3.34 |
3 |
>-3.34 aber ≤-1.58 |
4 |
>-1.58 |
5 |
Tabelle 1: Stratifikation der Risikogruppe gemäß dem Score aus der Gleichung: Score = log (PSA-Wert bei CRPC) - 1,40 * log (PSA-DT). |
Am Ende der Nachbeobachtungszeit betrug der Anteil der am PCa verstorbenen Patienten 57 %, 71 %, 81 %, 86 % bzw. 89 % für die Risikokategorien 1 bis 5. Im Median überlebten die Patienten (Gesamtüberleben, OS) 1,86 Jahre (95% KI 1,79-1,97).
Details
Rationale
Es gibt nur wenige Nachbeobachtungsdaten über die Mortalitätsraten von Patienten mit einem CRPC außerhalb klinischer Studien. Yashar Khoshkar et al. (Karolinska Institut, Schweden) haben jetzt eine bevölkerungsbasierte Kohorte von Patienten mit CRPC (n=4.098), die vor der Einführung neuerer antihormoneller Therapien erkrankt waren, lange Zeit nachbeobachtet.
Das primäre Ziel der Analyse war es, klinische Variablen zu ermitteln, die die Prognose für diese Patienten vorhersagen können. Gleichzeitig soll so eine Einteilung der Patienten in Risikogruppen für Prostatakrebs-spezifische Mortalität (PCSM) ermöglicht werden, um zu entscheiden, wann eine aggressivere oder weniger aggressive Therapie notwendig ist.
Studienpopulation und Methodik
Mit Blick auf die Studienpopulation hatte die Arbeitsgruppe alle PSA-Werte für den Zeitraum 2005-2014 aus der Uppsala/Örebro PSA-Kohorte (UPSAC) erfasst.1 In ähnlicher Weise wurden die Daten für die Region Stockholm aus der STHLM-0-Kohorte2 für den Zeitraum von 2003-2017 erhoben. Diese beiden Kohorten repräsentieren fast 40 % der schwedischen Bevölkerung.3 Die Daten der beiden Kohorten wurden mit dem nationalen Prostatakrebsregister (NPCR) verknüpft, um die Patienten mit PCa zu identifizieren. Ferner wurden andere relevante Informationen wie verschriebene Medikamente, Klinikaufenthalte und die Todesursache einbezogen. Die Patienten beider Kohorten waren vor der Einführung neuerer antihormoneller Therapien erkrankt.
Die Nachbeobachtung endete mit dem Tod oder am 31.12.2014 für die Region Uppsala und am 31.12.2016 für die Region Stockholm. Eine primäre ADT ist definiert als ADT, die als erste PCa-Therapie erfolgte. Die sekundäre ADT umfasst die Behandlung eines Rezidivs nach einer kurativen Prostatektomie oder Strahlentherapie. Zu dieser Gruppe gehörten auch Patienten mit einer aufgeschobenen ADT.
Die Patienten wurden in die CRPC-Kohorte aufgenommen, sobald sich ihr PSA-Nadir zum ersten Mal verdoppelt hatte, bei einem vorherigen Wert von >2 ng/ml oder einem absoluten Anstieg von ≥5 ng/ml, während einer dreimonatigen medikamentösen Kastration oder nach einer chirurgischen Kastration. Um die PSA-Kinetik (die Änderung der PSA-Werte in Abhängigkeit der Zeit) zu erfassen, kombinierte die Arbeitsgruppe die beiden Variablen, die am stärksten mit dem PCa-spezifischen Überleben assoziiert waren (C-Statistik): PSA zum Zeitpunkt des CRPC und PSA-DT, um so die Risikogruppen zu klassifizieren (Tabelle 1 unter Summary).
Von den 4.098 für die Analyse infrage kommenden CRPC-Patienten hatten zum Zeitpunkt der Diagnose 1.117 bereits Metastasen entwickelt (M1), bei 1.340 lagen keine Metastasen vor (M0), und bei 1.641 konnte die Metastasierung nicht beurteilt werden (Mx). Insgesamt erhielten 551 Patienten eine kurative Primärtherapie und 2.574 Patienten eine primäre Androgendeprivationstherapie (ADT), von denen sich 257 einer chirurgischen Kastration unterzogen.
Ergebnisse
Risikofaktoren für PCSM
PSA-Wert zum Zeitpunkt des CRPC und die PSA-DT waren wie erwähnt am stärksten mit dem PCa-spezifischen Überleben assoziiert. Je kürzer die PSA-DT, desto höher war die Hazard Ratio (HR) für PCSM – eine Beobachtung, die mit einem progressiven Risikoanstieg assoziiert ist. Der Anstieg der HR für PCSM korrespondierte in den verglichenen Gruppen mit der Höhe des PSA-Wertes.
Tipp: Klinische Variablen zur Abschätzung des Risikos an PCa zu versterben
Tabelle 2 zeigt die bereinigten HR für PCSM in Bezug auf die untersuchten klinischen Variablen, anhand derer der Urologe in der klinischen Praxis die Risikoeinstufung für eine PCSM einschätzen kann:
Variable |
Bereinigte HR für PCSM |
95% KI |
PSA-DT <1 Monat |
4,76 |
3,14-7,22
|
Zeitpunkt der Kastrationsresistenz: |
7,39 |
4,84-11,30 |
Knochenmetastasen zum Zeitpunkt der PCa-Diagnose: |
1,62 |
1,38-1,90 |
CRPC-Diagnose in 2006-2009 |
1,35 |
1,10-1,65 |
Tabelle 2: Bereinigte HR für PCSM in Bezug auf die Variablen PSA-DR, PSA-Wert zum Zeitpunkt der Kastrationsresistenz, Knochenmetastasierung zum Zeitpunkt der PCa-Diagnose, CRPC-Diagnose. |
Die Zeitspanne vom PSA-Nadir bis zum CRPC und der PSA-Nadir-Wert beeinflussen die HRs für PCSM in den unbereinigten Modellen progressiv – in der bereinigten Analyse wirkt sich allerdings keine dieser Variablen auf die HR aus. Weder der PSA-Wert zu Beginn der ADT mit GnRH-Analoga/Antagonist noch die PSA-Halbwertszeit beeinflussten die HR in den bereinigten und unbereinigten Modellen.
Überlebensdaten
Das mediane OS in der gesamten CRPC-Kohorte (n=4.098 Patienten) betrug unabhängig vom M-Status 1,86 Jahre (95 % KI 1,79-1,97). Bei CRPC-Patienten, die mit einer primären ADT behandelt wurden, lag das mediane OS bei 1,71 Jahren (95 % KI 1,62-1,82), in der Gruppe mit der sekundären ADT umfasste es 2,10 Jahre (95 % KI 1,99-2,23).
Überlebensdaten Risikogruppen
Es zeigte sich, dass die Einstufung in eine niedrigere Risikogruppe mit einer geringeren Sterblichkeit im kastrationsresistenten Stadium assoziiert ist. Patienten der Risikogruppe 1 wiesen ein medianes OS von 3,74 Jahren auf (95% KI 3,52-4,09) – zum Vergleich: In der Risikogruppe 5 war es bei 0,62 Jahren (95% KI 0,54-0,71), unabhängig von primärer oder sekundärer ADT. Am Ende der Nachbeobachtungszeit lag der Anteil der am PCa verstorbenen Patienten in den Risikogruppen 1-5 entsprechend bei 57 %, 71 %, 81 %, 86 % und 89 %.
Fazit
Die Studienautoren schließen, dass die zur Risikogruppe 1 zugeordneten Patienten eine 43 % Chance haben, nicht an ihrem PCa zu versterben. Prädiktive Variablen wie PSA-DT und PSA-Wert zum Zeitpunkt der Diagnose der Kastrationsresistenz können daher eingesetzt werden, um Patienten mit hohem und niedrigem Risiko zu identifizieren. So könnten Patienten mit niedrigem Risiko von einem weniger aggressiven Therapieansatz profitieren, während Risikopatienten eine sofortige Behandlung mit weniger Rücksicht auf Komorbiditäten erhalten.
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