DER UROBLOG VON
DR. JÖRG KLIER
(KÖLN)

Vasektomie - Rekanalisierungsgefahr

 

Die Vasektomie gilt als einfachste, effektivste und kostengünstigste Methode der Fertilitätskontrolle des Mannes, bei deutlich geringerem Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko im Vergleich zur Tubenligatur bei der Frau. Die Aufklärung ist besonders wichtig und sollte die potenzielle Irreversibilität, Operationsvarianten, die Betäubung, mögliche Komplikationen sowie das postoperative Verhalten und die Notwendigkeit von Kontrollen beinhalten. Zur Verfügung stehen unterschiedliche Zugangswege mit der konventionellen und der Non-Skalpell-Vasektomie sowie unterschiedliche Techniken zum Verschluss der Samenleiterenden. Zur Bestätigung der Sterilität soll nach Empfehlung der European Association of Urology (EAU) eine Ejakulatanalyse 3 Monate nach dem Eingriff erfolgen. Komplikationen sind insgesamt selten, wobei bei der Aufklärung insbesondere auf das Vasektomieversagen durch eine Rekanalisation eingegangen werden sollte. Die Inzidenz einer Rekanalisation wird in der Literatur mit 0,4 – 0,5% angegeben (1,2,3) und ist offensichtlich unabhängig von der Operationsmethode. Wir unterscheiden hier heute die klassische Vasektomie, Skalpellfreie Vasektomie (NSV) und die Fulgurationstechniken (minimal invasive Vasektomie).

 

In den AUA-Guidelines (4) wird empfohlen entweder die Samenleiterenden zu Kauterisieren (mucosal cautery) mit Faszieninterposition (FI) ohne Ligatur o. Clip, sie nur zu Kauterisieren oder eine Vasektomie mit offenem Ende des testikulären Ende des Ductus deferenz (dies ist bekanntermaßen aber auch mit einer erhöhten Inzidenz von Spermagranulomen verbunden (6)). Dabei wir das Risiko einer Rekanalisation mit unter 1% angegeben. Die EAU Leitlinien (5) empfehlen die Exzision eines Stücks und Versorgung der Ductusenden mit einer Ligatur oder Clip, dann eine Gewebeinterposition nach Durchtrennung, sowie die Kauterisierung der Ductusstümpfe. Wir verfahren primär nach dieser Methode, wobei die Verbringung der Ductusstümpfe in zwei unterschiedliche Gewebekompartimente sich öfters als schwierig erweist, wenn man wir ausschließlich mit der VAS-Methode operiert. Bewährt hat sich die Fixation des tesikulären Ductusstumpfes mittels Tabakbeutelnaht an der Hülle der Faszia spermatica.

 

In einer großen indischen Untersuchung der einzelnen Operationsmethoden konnte gezeigt werden, daß die Gewebeinterposition nach Durchtrennung des Ductus der absolut entscheiden Schritt dieses Eingriffes darstellt, um eine Rekanalisation definitiv zu unterbinden.

 

Wie sollte nun nach erfolgter Vasektomie die weiteren Verlaufskontrollen des Patienten erfolgen? Eine postop. Wundkontrolle wird in den EAU Leitlinien (5) nicht empfohlen. Ich denke aber, daß dies allein schon zur besseren Patientenführung sinnhaft ist, den Patienten an den Folgetagen nochmals einzubestellen. Auch bekommen unsere Patienten immer eine Notfallnummer mit, an die Sie sich wenden können, falls mal ein unvorhergesehenes Problem entsteht.

 

Durchaus unterschiedlich werden die postoperativen Ejakulatkontrollen zur Bestätigung einer Unfruchtbarkeit des Mannes gehandhabt. In den EAU Leitlinien wird eine Ejakulatanalyse 3 Monate nach dem Eingriff empfohlen, wobei in der Zwischenzeit möglichst viele Ejakulationen erfolgt sein sollten. In den Leitlinien der DGU von 2004 wird eine 1. Spermienkontrolle 6 Wochen postoperativ und nach mindestens 12 Ejakulationen gefordert. Die British Andrology Society empfiehlt die erste Untersuchung nach 16 Wochen und mindestens 24 Ejakulationen (8). In unserem eigenen Patientengut empfehlen wir mindesten 15 – 20 Ejakulationen in 2 Monaten. Die Empfehlungen basieren auf dem Umstand, daß man heute davon ausgeht hiermit eine mögliche Frührekanalisierung des Ductus rechtzeitig entdecken zu können (4). Die Ejakulatkontrolle zu Bestätigung einer Azoospermie erfolgt bei uns immer nach Zentrifugation des Ejakulates. Hierbei dürfen keine Spermien mehr gesehen werden. In einem Abstand von 10 – 14 Tagen erfolgt eine zweite Kontrolle. In der Zwischenzeit sollen weitere Ejakulationen erfolgt sein. Erst bei zweimalig nachgewiesener Azoospermie erhält der Patient die Erlaubnis ungeschützt mit seiner Partnerin zu verkehren. Über 99,7% erreichen innerhalb dieser Zeit eine Azoospermie (3). Sollten jedoch Spermien weiter persistieren, oder wohlmöglich die Anzahl der Spermien sogar zunehmen, wäre nach 6 Monaten die Revasektomie vorzunehmen. Dies ist genauso wie der Ersteingriff eine privatärztliche Leistung. Hier sind wir aber unseren Patienten gegenüber sehr kulant, denn warum es letztendlich zu einem Vasektomieversagen kommt, bleibt oftmals unklar. Sei es nun ein operationstechnischer Fehler oder eine spontane Rekanalisierung. In jetzt 19-jähriger ambulanter Operationstätigkeit ist es letztes Jahr erstmalig zu solch einer Rekanalisierung in meinem Patientenklientel gekommen. Ursächlich war eine spontane Rekanalisation li. da hier die Ductusstumpfenden zu nah beieinander lagen, obwohl histologisch bestätigt der resezierte Ductus 2,5 cm lang war. Etwa 3–6 % der vasektomierten Männer streben im Verlauf eine Refertilisierung an, welche bei erfahrenen Operateuren in etwa 90 % der Fälle gelingt (7).

 

Wer sich intensiver über die Vasektomie und die operative Durchführung dieses Eingriffs informieren will sei die Zertifizierte Fortbildung im Urologen aus 2021 ans Herz gelegt (7). Die Autoren stellen in diesem Artikel alle wesentlichen Aspekte des Eingriffes in ausgezeichneter Weise da.

 

Der Kostenfaktor für solch eine Vasektomie richtet sich nach den geographischen Gegebenheiten und pendelt zwischen € 400 bis > € 800,-.