FÜR SIE
GELESEN

PCa: wann ist das genomische Profiling mittels

Liquid Biopsy zuverlässig?

 

Bei Liquid Biopsy handelt es sich um eine effiziente Analyse-Methode, die Therapieentscheidungen für Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom (PCa) und schwer zu biopsierenden Tumoren ermöglicht. Allerdings: Der Nachweis genomischer Veränderungen mittels Liquid Biopsy ist durch den geringen Anteil der zirkulierenden freien Tumor-DNA (ctDNA) – der sogenannten Tumorfraktion (TF) – in der gesamten zellfreien DNA limitiert. Frühere kleinere Studien hatten bereits gezeigt, dass die Tumorlast und deren Surrogatparameter, wie der PSA-Wert, mit der Konzentration der TF assoziiert ist. Emmanuel S. Antonarakis (Minnesota, USA) et al. untersuchten nun auf Basis einer großen, multizentrischen „Real-World“ Kohorte mit Patienten mit metastasiertem PCa den Zusammenhang zwischen verschiedenen klinischen, labortechnischen sowie pathologischen Parametern und der Konzentration der zirkulierenden TF – die Arbeitsgruppe möchte damit vor allem eine in der alltäglichen Praxis gut umsetzbare Lösung anbieten.

 

Summary

 

Emmanuel S. Antonarakis (Minnesota, USA) et al. werteten im Rahmen einer großen, multizentrischen, „Real-World“-Studie insgesamt 813 Liquid Biopsy Proben von 786 Patienten mit metastasiertem PCa aus, davon lag bei 545 (mCRPC: 500 und metastasiertes hormonsensitives PCa; mHSPC: 45) Proben von 534 Patienten zusätzlich ein PSA-Wert vor. Die Proben waren von September 2018 bis Juli 2021 aus einer klinisch-genomischen Datenbank (CGDB) erfasst worden, deren Daten rund 280 US-amerikanische Zentren bereitgestellt hatten. Das umfassende, genomische Profiling (CGP) wurde mit extrahierter zellfreier DNA aus den Liquid Biopsy Proben durchgeführt.

 

In multivariablen Modellen erwiesen sich ein höherer PSA-Wert, ein niedrigerer Hämoglobin-Wert, ein niedrigerer Albumin-Wert sowie eine höhere alkalische Phosphatase (alle p<0,001) und die Durchführung der Liquid Biopsy innerhalb von 60 Tagen nach Beginn einer neuen Therapielinie (p=0,002) als die am stärksten mit einer höheren TF assoziierten Parameter.

 

Bei PSA-Werten <5 ng/ml lag bei 43 % der Patienten die TF bei <1 % – ein Ergebnis, das eine höhere Wahrscheinlichkeit für nicht auswertbare Ergebnisse signalisiert. War der PSA-Wert >5 ng/ml, zeigten dagegen 78 % der Patienten eine TF ≥1 % und 46 % eine TF≥10 %, was auf eine verbesserte Sensitivität zur Identifizierung krebsspezifischer Genveränderungen hinweist.

 

Fazit für die Praxis

 

 

 

Details

 

 

 

Rationale

 

 

 

Bei der Behandlung des metastasierten PCa wird die molekulare Analyse von Gewebe- und Liquid Biopsy Proben via umfassendem genomischen Profiling (CGP) zunehmend Standardpraxis. Ein genomisches Profil kann auf der Basis von archiviertem Primärgewebe (1.) – das vermutlich bei vielen Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten PCa (mCRPC) aus der ursprünglichen Biopsie vorliegt – sowie aus aktuellem metastatischem Gewebe (2.) oder aktueller zirkulierender freier Tumor-DNA (ctDNA) aus einer Liquid Biopsy (3.) erstellt werden. Neuere Studien haben gezeigt, dass sich genomische Befunde zwischen archiviertem und metastatischem Gewebe beim PCa unterscheiden, da sich mit zunehmender systemischer Therapie-Exposition die Häufigkeit einiger krebsspezifischer Mutationen ändert. Allerdings: Biopsien von metastatischem Gewebe können sich als schwierig erweisen, da bei den meisten mCRPC-Patienten die Metastasen auf die Knochen beschränkt sind. Zudem ist nicht bei allen Patienten ein erfolgreiches CGP aus einer Liquid Biopsy möglich, da deren Aussagekraft durch den geringen Anteil der zirkulierenden freien Tumor-DNA (ctDNA) – die Tumorfraktion (TF) – in der gesamten zellfreien DNA limitiert ist. Eine hohe TF ermöglicht dagegen, ein umfassenderes genomisches Profil zu erstellen. Aus diesem Grund kann eine Prognose über die TF-Höhe sinnvoll sein, um zu entscheiden, ob eine Liquid Biopsy ein zuverlässiges Ergebnis liefert oder ob zusätzlich eine Gewebeprobe aus einer aktuellen Biopsie zur Bestätigung eines negativen Liquid Biopsy Resultats notwendig ist.

 

 

 

Frühere kleinere Studien hatten bereits gezeigt, dass die Tumorlast und deren Surrogatparameter, wie der PSA-Wert, mit der Konzentration der TF assoziiert ist. Emmanuel S. Antonarakis (Minnesota, USA) et al. wollten nun mit der vorliegenden großen, multizentrischen „Real-World“ Studie mit metastasierten PCa-Patienten untersuchen, welche klinischen, labortechnischen und pathologischen Parameter im klinischen Alltag herangezogen werden können, um abzuwägen, ob die TF-Menge für ein erfolgreiches Liquid Biopsy Profiling hoch genug ist.

 

 

 

Studienpopulation und Methodik

 

 

 

Die Studienkohorte umfasste Patienten-Daten mit einer bestätigten Diagnose von metastasiertem PCa, die zwischen September 2018 und Juli 2021 in die anonymisierte klinisch-genomische Datenbank (CGDB) von Flatiron Health (FH) und Foundation Medicine (FMI) aufgenommen wurden. Bereitgestellt wurden die Daten von etwa 280 US-Krebskliniken. Alle Patienten wurden mit Foundation Medicine CGP-Liquid-Biopsy-Assays genomisch getestet. Die retrospektiven klinischen Langzeitdaten wurden aus mit CGP verlinkten elektronischen Gesundheitsakten (EHR) abgeleitet – dazu gehörten demografische Daten, klinisch-pathologische und labortechnische Charakteristika sowie die Zeitspanne zwischen Therapiebeginn und Blutentnahme für die Liquid Biopsy.

 

 

 

Ergebnisse

 

 

 

Charakteristika der Kohorte

 

Zum Zeitpunkt der Analyse (25. November 2021) enthielt die Genom-Datenbank insgesamt 3.323 Liquid Biopsy Proben. In die deskriptiven Analysen wurden 813 Proben von 786 Patienten eingeschlossen. In die multivariaten Analysen flossen 545 Proben (mCRPC: 500; mHSPC: 45) von 534 Patienten ein, nach Ausschluss von Patienten ohne verfügbare PSA-Werte.

 

 

 

Mit der Menge zirkulierender TF waren folgende Parameter assoziiert (jeweils p<0,001):

 

 

 

  • M-Stadium (M1; M0) bei der Diagnose

  • Gleason-Score bei der Diagnose

  • Klinische Krankheitsstadium (mCRPC; metastasiertes Hormon-sensitives PCa, mHSPC,) zum Zeitpunkt der Liquid Biopsy

  • Anzahl der vorangegangenen Therapielinien im mCRPC-Setting

  • Zeitspanne – ausgehend vom Behandlungsbeginn (60 vor bzw. nach Behandlungsbeginn) bis zur Liquid Biopsy

  • Laborwerte (PSA, Albumin, alkalische Phosphatase und Hämoglobin)

 

 

 

Lediglich der ECOG-Wert war nicht signifikant mit der TF assoziiert (p=0,17).

 

 

 

Die Ergebnisse der multivariaten Analysemodelle

 

In die multivarianten Analysemodelle wurden – um TF als kontinuierliche Variable zu bewerten – die Variablen M-Stadium bei Diagnose, Gleason-Score, klinisches Stadium zum Zeitpunkt der Liquid Biopsy (mCRPC, mHSPC), vorherige Therapielinien im mCRPC-Stadium, ECOG-Status, PSA-Wert, Albumin, alkalische Phosphatase, Hämoglobin und die Zeitspanne von Therapiebeginn bis zur Liquid Biopsy eingeschlossen (60 Tage vor bzw. nach Behandlungsbeginn). Das Modell ergab, dass bei zwei hypothetischen Patienten mit identischen Parametern – außer, dass einer von ihnen zu Therapiebeginn einen 10-fach höheren PSA-Wert hatte – dieser im Durchschnitt eine um 0,32 % höhere TF aufweisen würde (95 % KI 0,16-0,51). Weitere Parameter, die additiv und unabhängig vom PSA-Wertpositiv mit einer höheren TF korrelierten waren: ein alkalischer Phosphatase-Wert über der oberen Normgrenze (1,75 %, 95 % KI 1,20 %-2,43 %, p<0,001), ein Albumin-Wert unter der unteren Normgrenze (0,57 %, 95 % KI 0,14 %-1,16 %, p<0,001), ein Hämoglobinwert unter der unteren Normgrenze (0,43 %, 95 % KI 0,13 %-0,83 %, p<0,001), und der Entnahme-Zeitpunkt der Liquid Biopsy innerhalb von 60 Tagen vor Behandlungsbeginn (0,40 %, 95 % KI 0,13 %-0,72 %, p=0,002) vs. außerhalb der Zeitspanne vor einer Behandlungsentscheidung.

 

 

 

Die Rolle des PSA-Wertes

 

Da in der alltäglichen Praxis der PSA-Wert einen der wesentlichen klinischen Parameter darstellt, untersuchten Antonarakis et al. den Zusammenhang zwischen PSA-Wert und TF-Konzentration tiefergreifend. Hierzu wurde der PSA-Wert in fünf Bereiche, PSA-Wert < 5 ng/ml; 5-20 ng/ml; 20-50 ng/ml; 50-200 ng/ml und >200 ng/ml, stratifiziert. TF diente als kontinuierliche Variable oder wurde stratifiziert nach: TF ≥1%; ≥10%, ≥30%. Auch wenn eine Assoziation zwischen Patienten mit hoher oder niedriger TF und jeder der fünf PSA-Gruppen beobachtet wurde, signalisierte der allgemeine Trend, dass Patienten mit höherem PSA-Wert insgesamt eine höhere TF aufweisen. So würden Patienten mit einem PSA-Wert im Bereich von 5-20 ng/ml in 70,5 % der Fälle eine TF von ≥1 % zeigen. Dagegen würden Patienten mit einem PSA-Wert <5 ng/ml in 56,7% der Fälle einen TF ≥1 % aufweisen und lediglich 15,5 % eine TF ≥10 %. Wie antizipiert, steigt bei höheren PSA-Werten die TF-Konzentration. Betrachtet man beispielsweise die gesamte Gruppe der Patienten mit einem PSA-Wert von ≥5 ng/ml (PSA-Wert ≥5-200+ ng/ml), wäre bei 77,7% die TF ≥1% und in 46,0% der Fälle bei ≥10%.

 

 

 

Fazit

 

 

 

Wie Antonarakis et al. zeigten, ist bei Patienten mit metastasiertem PCa der PSA-Wert, ein Surrogatparameter für die Tumorlast, stark mit der Menge der TF assoziiert. Damit stützen die Ergebnisse frühere Arbeiten.

 

 

 

Eine zentrale Überlegung bei der Entscheidung für oder gegen eine Liquid Biopsy ist, ob eine adäquate Menge an ctDNA im Blutplasma freigesetzt wird. Die „Real-World“-Daten von Antonarakis et al. deuten darauf hin, dass ein PSA-Wert <5 ng="">

 

Die Autoren schlagen als Schwellenwert für den klinischen Nutzen der Liquid Biopsy einen PSA-Wert >5 ng/ml vor: Bei diesem Schwellenwert hätten 78 % der Patienten eine zirkulierende TF von ≥1 % und 23 % würden eine TF ≥30 % aufweisen.

 

 

Key Finding